Neu geweckter Glaube mit der Kraft zur Veränderung

Gary Wilkerson

In meinen Teenager-Jahren bedeutete der Ausdruck „being on the edge“ („auf der Kippe stehen“; edge bedeutet „Kante, Rand, Abgrund“; Anm. d. Übers.), dass jemand kurz davorstand, abzukippen. Es bedeutete, die Nerven zu verlieren, Angst zu haben und emotional abzustürzen.

Heute bezeichnet der Ausdruck „on the edge“ etwas sehr Positives. Er beschreibt, dass man Grenzen überwindet, über den Tellerrand hinausblickt, Neues wagt und kreative Ansätze entwickelt, um beachtliche Veränderungen herbeizuführen.

Ich denke, dass beide Definitionen heute anwendbar sind. Seit ich erwachsen wurde, gab es nie eine Zeit, in der die Gesellschaft so besorgt und nervös schien und solche Angst hatte, abzustürzen. Gleichzeitig hat kaum eine Generation in ihrem Vertrauen auf das, was Jesus in ihrer Zeit tut, soviel innovatives Potential entfaltet.

Wie sieht es bei Ihnen aus? Lassen Sie sich durch Angst, Sorge oder Ungewissheit davon abhalten, im Glauben Schritte zu wagen? Oder ist Ihr Glaube so geschärft und beherzt, dass Sie Angst überwinden können, um in einer Zeit der Ungewissheit Hoffnung zuzusprechen?

Herausforderungen, wie wir sie seit über einem halben Jahrhundert nicht mehr erlebt haben, treiben uns heute in gewisser Weise an einen Rand: eine globale Pandemie, eine erschütterte Wirt- schaft, erbitterte Proteste gegen Rassismus. Sind Sie in der Lage, in einer solchen Zeit eine klare Stimme für Jesus zu sein?

In der Kirche der ersten Jahrhunderte nach Christus war oft von sieben Todsünden die Rede. Eine dieser Sünden war „Trägheit“, abgeleitet von dem lateinischen Wort „acedia“. Dieses Wort hat aber eigentlich eine etwas andere Bedeutung; es beschreibt Leidenschaftslosigkeit. Damals betrachteten Christen ein Leben ohne geistliches Feuer in ihrer Seele als Vergeudung des Lebens, das Gott ihnen geschenkt hatte. Christen, denen die verwandelnde Kraft des Evangeliums fehlte, gaben sich mit weniger zufrieden, als Gott eigentlich für sie vorgesehen hatte.

Eine Geschichte aus 2 Könige 6 handelt von dieser Frage. Der Prophet Elisa lehrte eine Gruppe junger Propheten, um sie zu vertrauenswürdigen geistlichen Stimmen in ihrer Nation zu machen. Um eine solche Stimme sein zu können, brauchten diese jungen Männer natürlich besondere geistliche Einsicht und Kraft. Unter Elisa als ihrem Mentor konnten sie diese Stärken gewiss entwickeln. Das Kapitel beginnt mit einer scheinbar alltäglichen Situation, vermittelt darin aber eine geistliche Lektion, die für alle Christen auch heute relevant ist.

„Und die Prophetensöhne sprachen zu Elisa: Sieh doch, der Ort, wo wir vor dir wohnen, ist uns zu eng! Wir wollen doch an den Jordan gehen und dort jeder einen Balken holen, damit wir uns dort eine Niederlassung bauen. Und er sprach: Geht hin!“ (2 Könige 6,1-2).

Diese Gruppe junger Leiter suchte nach Möglichkeiten, bessere Voraussetzungen für den Auftrag zu schaffen, den Gott ihnen gegeben hatte. Schon im nächsten Moment standen sie vor einem Problem. „Als sie nun an den Jordan kamen, schnitten sie Holz. Und es geschah, als einer einen Stamm fällte, da fiel das Eisen ins Wasser. Da schrie er und sprach: O weh, mein Herr! Und es ist noch dazu entliehen!“ (Verse 4-5).

Der Verfasser dieses Berichts möchte uns zeigen, dass der junge Prophet, der die Axt verloren hatte, ein Mann mit leidenschaftlicher Hingabe war. Das hebräische Wort für „einer“ in diesem Vers bedeutet eigentlich „der Eine“. Es deutet an, dass er sich durch seine leidenschaftliche Hingabe von den anderen unterschied. Erstens hatte er offene Augen für die Situation, die Gott ihm zeigte, und war sich bewusst, wie aussichtslos die Lage war. Zweitens handelte er aus einer von Gott inspirierten Vision, um etwas dagegen zu unternehmen. Er hatte also einen Blick für das, was für die Zukunft anzustreben war.

Diese beiden Schritte – Probleme wahrnehmen und mit einer Vision für die Zukunft handeln – sind wesentliche Voraussetzungen für jeden geistlichen Dienst

Wenn eine Gemeinde die Vision bekommt und umsetzt, Menschen zu unterstützen, die von Obdachlosigkeit bedroht sind, müssen am Ende weniger schutzlose Personen auf der Straße leben, wo sie gefährdet sind. Die Fürsorge, die sie erhalten, und ihr verändertes Leben zeigen der Welt, was geschieht, wenn Gottes Himmelreich sich auf der Erde ausbreitet. Es ist ein großartiger Anblick.

Der Prophetenschüler stand damals vor einem unüberwindlich scheinenden Hindernis. Wir wissen, dass der Jordan ein wasserreicher Fluss war. In der frühen Geschichte Israels musste Gott die Wasser dieses Flusses auf übernatürliche Weise teilen, damit die Israeliten ihn sicher durchqueren konnten. Als die Axt des jungen Mannes in den Fluten versank, war er verzweifelt, denn sie schien unwiederbringlich verloren.

Die gesunkene Axt steht symbolisch für die Leidenschaft der Berufung, die Gott uns gegeben hat.

Stellen Sie sich vor, dass die Axt Ihre eigene Begabung symbolisiert, die Gott Ihnen geschenkt hat. Es ist eine vom Heiligen Geist gewirkte Leidenschaft, die Sie dazu befähigt, alles zu erfüllen, was Gott Ihnen aufgetragen hat. Diese Leidenschaft ist das Gegenteil der „acedia“, die jede Berufung zum Dienst im Reich Gottes verkümmern lässt.

Diese Begabung und Berufung hat großen Wert. Deshalb schrie der junge Prophet entsetzt auf, als die Axt, die ihm anvertraut worden war, in die Tiefe sank. Er war betroffen über ihren Verlust.

Haben wir dieselbe Leidenschaft, unsere göttliche Berufung zu bewahren? Wir alle haben eine Berufung für unser Leben, ganz gleich wie alt wir sind oder in welcher Lebensphase wir uns gerade befinden. Wir sind Gott kostbar, und unsere Berufung ist in seinen Augen nichts Geringes. Unsere Reaktion sollte sein: „Herr, meine Leidenschaft soll nie getrübt werden oder verloren gehen. Hilf mir, diese Axt zu bewahren und so geschärft zu halten, dass ich mit ihr alles erfüllen kann, wozu du mich berufen hast.“

Die Ereignisse und Anforderungen des Lebens können uns veranlassen, unsere Berufung zu vernachlässigen und diese „Axt“ stumpf werden zu lassen. Das geschieht, wenn „acedia“ – die tödliche Sünde der Trägheit – in unser Leben kommt. Für Menschen, die ihr Kreuz auf sich nehmen und Jesus nachfolgen wollen, ist bequeme Zurückhaltung keine Option.

Wenn wir von Gott eine Vision empfangen, hält der Herr oft eine überraschende Antwort für uns bereit

Jesaja hatte eine klare Vision von der Wiederherstellung des hartnäckigen Volkes von Juda, doch diese Vision schien unerfüllbar, weil Israel sich ständig von Gott entfernte. Als der Prophet dies dem Herrn sagte, erhielt er die überraschende Antwort, dass Jesajas Wünsche zu klein waren. Gott gab dem Propheten eine Vision des Messias. „Es ist zu wenig, dass du mein Knecht bist, um die Stämme Jakobs aufzurichten und die Bewahrten Israels zurückzubringen. So mache ich dich auch zum Licht der Nationen, dass mein Heil reiche bis an die Enden der Erde“ (Jesaja 49,6; meine Hervorhebung).

Gott ließ Jesaja wissen: „Die Wiederherstellung Judas ist nur der Anfang dessen, was ich geplant habe.“ Der Herr hat eine viel umfassendere Vision für die Welt, wenn er uns zu einem geistlichen Dienst befähigt. Der Punkt, den wir für das Ende eines Auftrags halten, ist oft erst der Anfang dessen, was Gott tun will.

Alle, die einen Auftrag vom Herrn erhalten, werden in ihrer leidenschaftlichen Hingabe geprüft. War es überraschend, dass die Axt des jungen Propheten in den Jordan fiel und versank? Es gab keine Aussicht, sie zurückzubekommen. Für den Traum des jungen Propheten bedeutete dieser Verlust das Aus. Wo war sein Glaube in dieser Situation?

In solchen Momente geraten wir am meisten in die Versuchung, auf unsere eigene Kraft zu vertrauen, um unsere göttliche Vision zu erfüllen. Paulus sagt uns, wie unvernünftig das ist: „Seid ihr so unverständig? Im Geist habt ihr angefangen und wollt es nun im Fleisch vollenden?“ (Galater 3,3). Im „Fleisch“ – also aus eigener Kraft – zu handeln, macht alles nur noch schwieriger und kann Gottes Absichten nie erfüllen. „Wenn eine Axt stumpf ist [unsere eigene Kraft] und man die Klingen nicht schleift, so muss man umso mehr Kraft anwenden“ (Prediger 10,10).

Manche Christen wissen, dass ihr Glaube stumpf geworden ist. Sie fühlen sich so nutzlos und schuldig, dass sie meinen, sie könnten nie wieder die geistliche Leidenschaft zurückgewinnen, die sie einmal hatten. Sie resignieren und begnügen sich mit einem Leben ohne jegliche Vision. Wenn diese Beschreibung auf Sie zutrifft, richtet sich diese Botschaft direkt an Ihr Herz.

Wir können nicht länger in einem solchen Zustand verharren, schon gar nicht in diesem Moment der Geschichte. Die Welt ist einer so verzweifelten Lage, dass sie buchstäblich nach Hoffnung schreit. Doch der Feind hat vielen Christen eingeredet, sie hätten nichts zu geben.

Denken Sie an den entsetzten jungen Mann, der seine Axt im Jordan verloren hatte. Er hätte resigniert ausrufen können: „Was kann ich jetzt noch tun? Ich musste gerade zugesehen, wie mein Traum in den Fluten versank wie ein Stein.“ Angst und Sorge haben für Christen nie das letzte Wort. Ganz gleich, wie tief ihre „Axt“ gesunken ist, möchte Gott sie Ihnen zurückgeben. Tatsächlich sind solche verzweifelten Momente genau der Punkt, an dem er Ihren Glauben neu wecken will.

Wie gut, dass Elisa vor Ort war, als die Axt verloren ging. „Aber der Mann Gottes sprach: Wohin ist [sie] gefallen?“ (2 Könige 6,6). Vielleicht fragt der Herr heute einige von uns: „Wo ist dein Glaube geblieben?“ Gott möchte Sie wieder an diesen Punkt bringen und Ihnen zeigen, dass er die Macht hat, jeden Glauben wiederzuerwecken, der in den Fluten schmerzlicher Erfahrungen, Enttäuschungen oder Gedanken des Zweifels untergegangen ist.

„Und als er ihm die Stelle zeigte, schnitt er ein Holz ab und warf es dort hinein. Da brachte er das Eisen zum Schwimmen“ (Vers 6). Was für ein erstaunliches Wunder. Die schwere, eiserne Axt tauchte an der Wasseroberfläche auf und trieb dort wie eine Schwimmweste.

Was geschah dann? „Und er sprach: Hole [sie] dir heraus! Da streckte er seine Hand aus und nahm [sie]“ (Vers 7). Der ältere Prophet forderte den jungen Mann heraus, einen Glaubensschritt zu wagen, um sein Werkzeug zurückzubekommen. Freunde, dasselbe wird der Herr auch bei Ihnen tun. Er wird Ihnen die Gabe zeigen, die er neu wecken will, und er wird Sie auffordern, sie zu ergreifen und im

Glauben zurückzugewinnen. So barmherzig handelt Gott in unserem Leben. Er gibt uns Auferstehungskraft und lädt uns ein, einen Glaubensschritt zu wagen, um sie in Anspruch zu nehmen.

Lassen Sie nicht zu, dass die schwierige aktuelle Situation Ihnen die Leidenschaft Ihrer Berufung raubt

Während Jesus Christus selbst mitten in den Wellen unserer Zweifel handelt, um unsere leidenschaftliche Hingabe neu zu entfachen,

liegt es an uns, den entscheidenden Glaubensschritt zu wagen und zu vertrauen: „Ja, meine Axt wird mir zurückgegeben. Was in meinem Leben verloren schien, taucht wieder auf. Der Heilige Geist bringt es wieder hervor, und ich werde seine Berufung annehmen. Gott gibt sie mir zurück, damit ich in der aktuellen Situation zu seiner Ehre Hoffnung vermitteln kann. Was für eine unfassbare, heilige Berufung!