Das hingegebene Leben
„Hingabe.“ Was sagt Ihnen dieses Wort? Im buchstäblichen Sinn bedeutet Hingabe, etwas für eine andere Person aufzugeben. Es bedeutet auch, auf etwas zu verzichten, was Ihnen gewährt wurde. Das könnte Ihren Besitz, Ihre Macht, Ihre Ziele, sogar Ihr Leben einschließen.
Christen hören heute viel über das hingegebene Leben. Aber was bedeutet das genau? Das hingegebene Leben ist der Akt, Jesus das Leben zurückzugeben, das er Ihnen gewährt hat. Es verzichtet auf Kontrolle, Rechte, Macht, Ziele, all die Dinge, die Sie tun und sagen. Es tritt Ihr Leben ab in seine Hände, damit er mit Ihnen tut, was ihm gefällt.
Jesus selbst führte ein hingegebenes Leben: „Ich bin vom Himmel herabgekommen, nicht dass ich meinen Willen tue, sondern den Willen dessen, der mich gesandt hat“ (Johannes 6,38). „Ich aber suche nicht meine Ehre“ ( 8,50). Christus tat nie etwas allein aus sich heraus. Er machte keine Bewegung und sprach kein Wort ohne vom Vater angewiesen zu sein. „Ich [tue] nichts von mir selbst ... sondern wie der Vater mich gelehrt hat, das rede ich … weil ich allezeit das ihm Wohlgefällige tue“ 8,28-29).
Jesu vollständige Hingabe an den Vater ist ein Vorbild dafür, wie wir alle leben sollten. Sie mögen sagen: „Jesus war Gott im Fleisch. Sein Leben war hingegeben, noch bevor er auf die Erde kam.“ Aber ein hingegebenes Leben wird niemandem auferlegt, einschließlich Jesus.
Christus sprach diese Worte als ein Mensch aus Fleisch und Blut. Schließlich kam er auf die Erde, um nicht als Gott, sondern als menschliches Wesen zu leben. Er erlebte das Leben auf die Weise, wie wir es tun. Und wie wir hatte auch er einen eigenen Willen. Er entschied sich, diesen Willen völlig dem Vater hinzugeben: „Darum liebt mich der Vater, weil ich mein Leben lasse, um es wiederzunehmen. Niemand nimmt es von mir, sondern ich lasse es von mir selbst. Ich habe Vollmacht, es zu lassen, und habe Vollmacht, es wiederzunehmen“ (10,17-18).
Jesus sagte uns damit: „Täuscht euch nicht. Diesen Akt der Selbsthingabe zu tun, liegt völlig in meiner Macht. Ich entscheide, mein Leben niederzulegen. Und das tue ich nicht, weil irgendein Mensch es mir gesagt hätte. Niemand nimmt mein Leben von mir. Mein Vater gab mir das Recht und das Privileg, mein Leben niederzulegen. Er ließ mir auch die Wahl, diesen Kelch vorübergehen zu lassen und das Kreuz zu meiden. Aber ich entscheide mich, es zu tun – aus Liebe zu ihm und völliger Hingabe an ihn.“
Unser himmlischer Vater hat uns allen das gleiche Recht gegeben: das Privileg, ein hingegebenes Leben zu wählen. Niemand wird gezwungen, sein Leben an Gott abzutreten. Unser Herr bringt uns nicht dazu, unseren Willen zu opfern und ihm unser Leben zurückzugeben. Er bietet uns großzügig ein verheißenes Land an, voller Milch, Honig und Früchten. Aber wir könnten uns entscheiden, nicht in diesen Ort der Fülle einzutreten.
Die Wahrheit ist: Wir können so viel von Christus haben, wie wir wollen. Wir können so tief in ihm gehen, wie wir entscheiden, um völlig durch sein Wort und seine Führung zu leben. Der Apostel Paulus wusste das. Und er traf die Entscheidung, Jesu Beispiel für ein hingegebenes Leben zu folgen.
Paulus war ein Jesushasser gewesen, ein selbstgerechter Verfolger von Christen. Er sagte, dass er buchstäblich Hass gegen Christi Nachfolger schnaubte. Er war auch ein Mann der großen Willenskraft und des großen Ehrgeizes. Paulus war gut gebildet und war von den besten Lehrern seiner Zeit geschult worden. Und er war ein Pharisäer, unter den eifrigsten aller jüdischen Leiter.
Schon von Anfang an war Paulus auf seinem Weg nach oben, Richtung Erfolg. Er genoss die Anerkennung der religiösen Klasse seiner Zeit. Und er hatte eine klare Mission, mit den Empfehlungen seiner Vorgesetzten. In der Tat war sein ganzes Leben verplant, wobei er genau wusste, wohin er ging. Paulus war zuversichtlich, dass er in Gottes Willen war.
Doch der Herr nahm diesen selbstgemachten, selbstbestimmten, selbstgelenkten Mann und machte ihn zu einem strahlenden Vorbild des hingegebenen Lebens. Paulus wurde einer der Gott-abhängigsten, Gott-erfülltesten, am meisten von Gott geleiteten Menschen der ganzen Geschichte. Tatsächlich erklärte Paulus sein Leben zu einem Vorbild für alle, die sich danach sehnen, völlig an Christus hingegeben zu leben: „Darum ist mir Barmherzigkeit zuteil geworden, damit Jesus Christus an mir als dem ersten die ganze Langmut beweise, zum Vorbild für die, welche an ihn glauben werden zum ewigen Leben“ (1. Timotheus 1,16).
Der Apostel sagte damit: „Wenn du wissen willst, was es braucht, ein hingegebenes Leben zu führen, dann schau nach meinem. Hast du dein Herz darauf ausgerichtet, tiefer zu gehen mit Jesus? Hier ist das, was zu erdulden du erwarten kannst.“ Paulus wusste, dass nicht viele bereit sein würden, seinem Vorbild zu folgen. Aber sein Leben ist eine Blaupause für alle, die das völlig hingegebene Leben wählen.
Gott beginnt den Prozess dadurch, dass er uns von unserem hohen Ross stößt. Dies geschah buchstäblich bei Paulus. Er ging seinen selbstsicheren Weg und ritt nach Damaskus, als ein blendendes Licht vom Himmel kam. Er wurde zu Boden gestoßen und zitterte. Dann sprach eine Stimme vom Himmel und sagte: „Saul, Saul, was verfolgst du mich?“ (Apostelgeschichte 9,4).
Die Worte führten Paulus zurück zu einem Ereignis einige Monate zuvor. Plötzlich verstand dieser aufrechte Pharisäer, warum ihn sein Gewissen innerlich so plagte. Paulus hatte lange Nächte des Aufruhrs ertragen, geplagt von Unruhe und Konfusion, weil er etwas gesehen hatte, das ihn bis ins Mark erschütterte.
Paulus hatte dabei gestanden, als der Apostel Stephanus gesteinigt wurde. Ich glaube, dass Paulus sich an den Blick auf dem Gesicht von Stephanus erinnerte, als sich dieser dem Tod gegenübersah. Stephanus hatte einen himmlischen Gesichtsausdruck, eine heilige Gegenwart um sich her. Und seine Worte besaßen solche Kraft. Sie waren durchdringend und überführend. Dieser demütige Mann sorgte sich ganz klar nicht um die Anerkennung der Welt. Er war unbeeindruckt von religiösen Würdenträgern. Und er hatte keine Todesangst.
Das alles deckte die Leere in Paulus’ Leben auf. Dieser treueste der Pharisäer realisierte, dass Stephanus etwas besaß, was er nicht besaß. Paulus war einem völlig Gott hingegebenen Mann von Angesicht zu Angesicht gegenübergetreten, und das machte ihn armselig. Er dachte wahrscheinlich: „Jahrelang habe ich das Schriftenlesen geübt. Doch dieser ungebildete Mann spricht Gottes Wort mit Autorität. Ich hatte mein Leben lang Hunger nach Gott. Aber Stephanus hat die ganze Kraft des Himmels, sogar während des Sterbens. Ganz klar kennt er Gott wie kein anderer, dem ich jemals begegnet bin. Doch in all dieser Zeit habe ich ihn und seinesgleichen verfolgt.“
Paulus wusste, dass in seinem Leben etwas fehlte. Er besaß ein Wissen über Gott, aber keine Offenbarung aus erster Hand wie die des Stephanus. Jetzt, auf seinen Knien und zitternd, hörte er diese Worte vom Himmel: „Ich bin Jesus, den du verfolgst“ (9,5). Es war eine übernatürliche Offenbarung. Und diese Worte stellten Paulus’ Welt völlig auf den Kopf. An jenem Punkt, denke ich, muss er stundenlang weinend auf seinem Angesicht gelegen haben, als hätte er gesagt:
„Ich habe es total verpasst. Ich verbrachte all diese Jahre mit Bildung und Studium, und tat gute Werke. Aber die ganze Zeit war ich auf dem falschen Weg. Jesus ist der Messias. Er kam, doch ich verpasste es, ihn zu erkennen. All jene Abschnitte in Jesaja machen jetzt Sinn. Sie handelten von Jesus. Jetzt realisiere ich, was Stephanus besaß. Er hatte eine intime Erkenntnis von Christus.“
Die Schrift sagt: „Zitternd und bestürzt sagte [Paulus], Herr, was willst du, dass ich tun soll?“ (9,6; a. d. englischen King James Version). Paulus’ Bekehrung war ein dramatisches Werk des Heiligen Geistes. Und was für ein unwahrscheinlicher Bekehrter dieser Mann war. Er war der Verfolger von Gottes Volk. Seine Aussage würde ein mächtiges, unwiderlegbares Zeugnis für das Evangelium von Jesus Christus sein. Sicherlich würde Gott Paulus in unfassbarer Weise gebrauchen. „Der Herr sagte zu ihm, Steh auf und gehe in die Stadt hinein, und es wird dir gesagt werden, was du tun sollst!“ (9,6; a. d. englischen King James Version).
Versuchen Sie, sich Paulus jetzt vorzustellen. Dieser hochgebildete Pharisäer war nun verstummt und blind. Er musste von seinen Freunden in die Stadt geführt werden. Alles in seinem Leben schien weggebrochen zu sein. Aber die Realität war, dass Paulus durch den Heiligen Geist in ein Leben der Hingabe hineingeführt wurde. Als er fragte: „Herr, was willst du, dass ich tun soll?“, schrie sein Herz heraus: „Jesus, wie kann ich dir dienen? Wie kann ich dich erkennen und dir gefallen? Nichts anderes spielt eine Rolle. Alles, was ich in meinem Fleisch getan habe, ist Mist. Du bist jetzt alles für mich.“
Paulus verbrachte die nächsten drei Tage fastend und betend. Doch nicht ein Wort kam vom Himmel. Er hatte gelehrt und zu anderen gepredigt, aber nichts von seinem Wissen konnte ihm jetzt helfen. Er war äußerst hilflos. Er muss gebetet haben: „O Gott, du hast eine solche Sehnsucht in mich gelegt, dich zu kennen. Bitte zeige mir, was zu tun ist. Ich bin so blind und konfus. Nichts macht einen Sinn.“
Ich sage jedem ergebenen Nachfolger Jesu: Beachten Sie diese Szene. Hier ist das Vorbild für das hingegebene Leben. Wenn Sie sich entscheiden, tiefer mit Christus zu gehen, wird Gott einen Stephanus in Ihren Weg stellen. Er wird Sie mit jemandem konfrontieren, dessen Gesichtsausdruck Jesus ausstrahlt. Dieser Mensch ist nicht an den Dingen der Welt interessiert. Er sorgt sich nicht um Applaus von Menschen. Er sorgt sich nur darum, dem Herrn zu gefallen. Und sein Leben wird Ihre Selbstzufriedenheit und ihren Kompromiss aufdecken, und Sie tief überführen.
Wie Paulus werden Sie plötzlich Ihren Bankrott empfinden. Sie werden erkennen, dass, egal wie vielen frommen Arbeiten Sie nachgegangen sind, Sie Jesus verpasst haben. Und Sie enden in einer Sackgasse: sprachlos, orientierungslos, unfähig, aller vorangegangenen Offenbarung einen Sinn zu geben. Aber das alles wird Gottes Tun sein. Er wird Sie an diesen Punkt der äußersten Hilflosigkeit bringen.
„Dieser ist mir ein auserwähltes Werkzeug, meinen Namen zu tragen sowohl vor Nationen als <auch vor> Könige und Söhne Israels. Denn ich werde ihm zeigen, wie vieles er für meinen Namen leiden muss“ (Apostelgeschichte 9,15-16). Paulus wurde ein fruchtbarer Dienst verheißen. Aber er würde viele Leiden erdulden müssen, um ihn zu erfüllen.
Das Thema des Leidens ist umfangreich und schließt viele Arten von Schmerz ein: körperliche Todesqualen, geistige Qualen, emotionale Not, geistlichen Schmerz. Gemäß der Schrift erlebte Paulus jedes einzelne davon. Er litt unter einem Dorn in seinem Fleisch, erlitt Schiffbruch, Steinigungen, Schläge und Raubüberfälle. Er sah sich Ablehnung, Spott und übler Nachrede gegenüber. Er erduldete Verfolgungen aller Arten. Und manchmal fühlte er sich verloren, konfus, unfähig, von Gott zu hören.
Dieses Vorbild des Leidens in Paulus’ Leben wird nicht von allen erfahren, die das hingegebene Leben suchen. Aber in irgendeiner Weise wird jeder ergebene Christ sich Schmerz gegenübersehen. Und da ist eine Absicht hinter all dem. Sehen Sie, Leiden ist ein Bereich des Lebens, über den wir keine Kontrolle haben. Es ist der Bereich, in dem wir lernen, uns Gottes Willen hinzugeben.
Ich bezeichne solches Leiden als Schule der Hingabe. Es ist ein Trainingsplatz, auf dem wir, wie Paulus, auf unser Angesicht fallen und dabei enden, zu schreien: „Herr, ich kann damit nicht umgehen.“ Er antwortet: „Gut, ich werde damit umgehen. Gib mir alles hin – deinen Körper, deine Seele, deinen Verstand, dein Herz, alles. Vertraue mir voll.“
Wenn Sie den Weg der völligen Hingabe betreten, werden Sie mehr leiden als ein durchschnittlicher, selbstzufriedener Christ. Wenn ein Kompromisse machender Christ leidet, dient es allein seinem eigenen Vorteil. Der Herr mag den Schmerz benutzen, um ihn von einer bestimmten Sünde zu entwöhnen. Und niemand sonst wird von seinen Lektionen profitieren. Aber wenn Sie sich nach dem Leben der Hingabe sehnen, wird Ihr Leid schließlich zu einem großen Trost für andere werden. Paulus erklärt:
„Gepriesen sei ... Gott ... der Vater der Erbarmungen und Gott allen Trostes, der uns tröstet in all unserer Bedrängnis, damit wir die trösten können, die in allerlei Bedrängnis sind, durch den Trost, mit dem wir selbst von Gott getröstet werden. Denn wie die Leiden des Christus überreich auf uns kommen, so ist auch durch den Christus unser Trost überreich. Sei es aber, dass wir bedrängt werden, so ist es zu eurem Trost und Heil; sei es, dass wir getröstet werden, so ist es zu eurem Trost, der wirksam wird im <geduldigen> Ertragen derselben Leiden, die auch wir leiden“ (2. Korinther 1,3-6).
Paulus spricht hier von Leiden, das von Christus erlaubt wird. Unser Herr lässt solchen Schmerz in unserem Leben zu, um uns zu Zeugen seiner Treue für andere zu machen. Er möchte sich als der „Gott allen Trostes“ erweisen (3,3). Unser Leiden ist nicht nur dazu bestimmt, uns zur völligen Hingabe an seinen Willen zu führen. Es ist auch zu „eurem [anderer] Trost und Heil“ bestimmt (3,6). Einfach ausgedrückt: Die größten Dienste des Trostes gehen aus unseren größten Leiden hervor.
Paulus hatte keine andere Ambition, keine andere treibende Kraft in seinem Leben als dies: „Dass ich Christus gewinnen möge“ (Philipper 3,8; a. d. englischen King James Version).
Ich kenne einen gottgefälligen jungen Prediger, der mit vielen anderen jungen Pastoren in der ganzen Nation befreundet ist. Ich fragte ihn, was er für das größte Problem unter seinesgleichen hält. Er antwortete: „Den Druck, erfolgreich zu sein.“ Seine Antwort erstaunte mich. Ich wusste, dass der Drang nach Erfolg in der säkularen Gesellschaft allgemein verbreitet ist. War es auch eine Plage in der Gemeinde? Er erklärte: „Junge Pastoren denken, dass sie sofort große Zahlen in ihren Gemeinden produzieren müssen. Sie fühlen sich unter großem Druck, über Nacht Wachstum zu sehen.“
Das ist auch für ältere Geistliche ein Problem. Sie sind jahrelang dahingetrottet, wobei sie hofften, ihre Gemeinde wachsen zu sehen. Dann, wenn die neue Gemeinde eines jungen Pastors zu boomen beginnt, fühlen sich die älteren Männer unter Druck, es ihnen gleich zu tun. Sie eilen davon zu Gemeindewachstums-Konferenzen und suchen nach Techniken, um ihre Zahlen zu erhöhen.
Ich kann Ihnen nicht sagen, wie viele Briefe ich erhalten habe, die etwa Folgendes aussagen: „Unser Pastor kam gerade von einer Konferenz zurück und ist begeistert von einer neuen ‚Formel für Erfolg’. Er sagte, unsere Gottesdienste müssen freundlicher gegenüber Sündern sein. Deshalb hat er die Anbetung sowie seine Predigten komplett verändert. Es ist jetzt ein anderer Ort. Vor einigen Monaten bewegte sich hier der Heilige Geist mit Macht. Aber jetzt gehen die Leute weg, weil der Heilige Geist gegangen ist.“
Ein Pastor war erschrocken über den Rat eines Gemeindewachstums-Experten. Ihm wurde gesagt: „Ihre Gemeinde kann nicht wachsen, wenn alles, was Sie anbieten, Jesus ist.“ Dieser „Experte“ verpasste Christus! Die Antwort für jedes Gemeindeanliegen ist ohne weiteres verfügbar, aber dieser Mann hatte versäumt, sie zu kennen. Wie? Er umging die eine Ambition, die Paulus als notwendig bezeichnet: Christus zu gewinnen.
Nach heutigen Maßstäben des Erfolgs war Paulus ein totaler Versager. Er erbaute keine Gebäude. Er hatte keine Organisation. Und die Methoden, die er benutzte, wurden von anderen Leitern verachtet. Tatsächlich erregte die Botschaft, die Paulus predigte, bei einer großen Zahl seiner Zuhörer Anstoß. Manchmal wurde er sogar wegen seiner Predigten gesteinigt. Sein Thema? Das Kreuz.
Junge Geistliche haben gesagt: „Bruder Dave, du bist ein Erfolg. Du hast einen weltweiten Dienst. Du bist Pastor einer Mega-Gemeinde. Du hast sogar einen Bestseller geschrieben. Dein Ansehen steht lebenslang fest. Gut, aber was ist mit mir? Warum kann ich nicht denselben Weg nehmen?“
Manchmal war ich versucht zu erwidern: „Aber ich habe einen Preis bezahlt. Du kennst die Härten nicht, die ich auf diesem Weg ertragen habe.“ Nein, das ist nicht die Antwort. Tatsache ist, dass ich Menschen kenne, die viel gottgefälliger sind als ich, die weit mehr gelitten haben, als ich es mir je ausmalen kann. Sie sind treu und hingegeben gewesen, haben furchtbare Leiden ertragen, manche bis zum Zeitpunkt des Todes. Doch die Namen dieser Menschen sind der Welt nicht bekannt.
Das ist überhaupt nicht das Thema. Wenn wir im Gericht vor Gott stehen werden, werden wir nicht nach unseren Diensten, Leistungen oder der Zahl der Bekehrten gerichtet werden. Da wird nur ein Maßstab des Erfolgs an diesem Tag da sein: Waren unsere Herzen Gott völlig hingegeben? Haben wir unseren eigenen Willen und unsere eigene Tagesordnung beiseitegelegt und seinen Willen aufgegriffen? Haben wir dem Druck unseresgleichen nachgegeben und sind der Menge gefolgt, oder haben wir allein ihn bezüglich der Wegweisung gesucht? Sind wir von Seminar zu Seminar gelaufen, um nach der Bestimmung für unser Leben zu suchen, oder haben wir unsere Erfüllung in ihm gefunden?
Ich wurde berufen, stets Gottes Wort zu predigen, seit ich acht Jahre alt war. Und ich kann ehrlich sagen, dass es mein Leben lang für mich die größte Freude war, vom Herrn zu hören. Ich weiß, wenn ich vor den Menschen stehe und predige, dass ich eine Botschaft ausspreche, die Gott mir gegeben hat. Und diese Botschaft muss in meiner eigenen Seele wirken, bevor ich es wage, sie anderen zu predigen. Ich habe Freude daran, auf den Herrn zu warten, zu hören: „Das ist der Weg, wandle auf ihm.“
Jetzt, im Alter von siebzig, habe ich nur eine Ambition: mehr und mehr zu lernen, nur die Dinge zu sagen, die der Vater mir gibt. Nichts, was ich aus mir heraus sage oder tue, ist irgendetwas wert. Ich möchte in der Lage sein, zu beanspruchen: „Ich weiß, dass mein Vater mit mir ist, weil ich nur seinen Willen tue.“
Viele Christen leben in ständiger Unzufriedenheit. Sie sind nie zufrieden mit dem, was sie haben. Ständig blicken sie in die Zukunft und denken: „Wenn ich nur dies tun oder jenes haben kann, werde ich glücklich sein.“ Aber ihre Erfüllung kommt nie.
Zufriedenheit war in Paulus Leben eine gewaltige Prüfung. Schließlich sagte Gott, dass er ihn mächtig gebrauchen würde. „Dieser ist mir ein auserwähltes Werkzeug, meinen Namen zu tragen sowohl vor Nationen als <auch vor> Könige und Söhne Israels“ (Apostelgeschichte 9,15). Als Paulus als erstes diesen Auftrag erhielt, „predigte er [sogleich] in den Synagogen Jesus, dass dieser der Sohn Gottes ist“ (9,20). Der Apostel wurde mit jeder Predigt kühner: „Saulus aber erstarkte noch mehr <im Wort> und brachte die Juden, die in Damaskus wohnten, in Verwirrung, indem er bewies, dass dieser der Christus ist“ (9,22).
Was geschah als nächstes? „Die Juden [ratschlagten] miteinander, ihn umzubringen“ (9,23). So viel zu Paulus’ Berufung, den Kindern Israel zu predigen. Sie lehnten nicht nur seine Botschaft ab, sondern planten seinen Tod. Was für ein katastrophaler Start für einen Dienst, von dem Gott sagte, er würde mächtig sein.
Dann beschloss Paulus, dass er nach Jerusalem gehen würde, um die übrigen Jünger Jesu zu treffen. „Und alle fürchteten sich vor ihm, da sie nicht glaubten, dass er ein Jünger sei“ (9,26). Nun ertrug Paulus eine noch schlimmere Ablehnung. Seine eigenen Brüder in Christus wandten sich von ihm ab.
Schließlich schlussfolgerte Paulus: „Zumindest kann ich die Nichtjuden erreichen.“ Doch als ein prominenter Nichtjude, Kornelius, nach einem Prediger suchte, der ihm das Evangelium mitteilen sollte, fragte er nicht nach Paulus. Stattdessen wandte er sich an Petrus. Kein Zweifel, Paulus hörte die großartigen Berichte, die aus dem Haus des Kornelius kamen: „Der Heilige Geist ist auf die Nichtjuden gekommen. Der Herr hat ihnen Christus geoffenbart!“
Danach musste Paulus in der Jerusalemer Konferenz danebensitzen, als Petrus erklärte: „Ihr Brüder, ihr wisst, dass Gott <mich> vor langer Zeit unter euch auserwählt hat, dass die Nationen durch meinen Mund das Wort des Evangeliums hören und glauben sollten“ (15,7). Offenbar hatte Gott beschlossen, dass die Erweckung unter den Heiden durch einen anderen kommen würde. Soweit Paulus es wusste, würde er an den Seitenlinien stehen und es alles geschehen sehen.
Was, denken Sie, ging Paulus durch den Kopf, als er diese Dinge erlebte? Die Wahrheit ist: Durch das alles – die Enttäuschung, den Schmerz, die Drohungen gegen sein Leben – lehrte Gott seinen Diener etwas Entscheidendes: Paulus lernte, mit nur einem Schritt auf einmal zufrieden zu sein.
Später, als Paulus in Antiochia predigte, wurde seine Botschaft von den führenden Juden abgestritten. Also erklärte Paulus: „So wenden wir uns zu den Nationen“ (13,46). Paulus predigte zu den Nichtjuden und eine riesige Anzahl bekehrte sich, „und ... das Wort des Herrn ... wurde ausgebreitet durch die ganze Gegend“ (13,48-49). Doch bevor Paulus diesen Sieg schmecken konnte, „erregten [die Juden] die anbetenden vornehmen Frauen und die Ersten der Stadt und erweckten eine Verfolgung gegen Paulus und Barnabas und vertrieben sie aus ihren Grenzen“ (13,50).
Als nächstes richtete Paulus seinen Blick auf Ikonion. Als er dort predigte geschah es noch einmal, „dass eine große Menge, sowohl von Juden als auch von Griechen, glaubte“ (14,1). Erweckung fiel auf die Stadt. Doch wieder „[entstand] ein heftiges Bestreben ... sowohl von denen <aus den> Nationen als auch von den Juden samt ihren Obersten, sie zu misshandeln und zu steinigen“ (14,5).
Können Sie sich Paulus’ Verwirrung und Entmutigung vorstellen? Ständig schien seine Berufung vereitelt zu sein. Gott hatte ihm einen fruchtbaren Dienst der Evangelisation verheißen. Doch jedes Mal, wenn er predigte, wurde er verflucht, abgelehnt, angegriffen, gesteinigt. Wie reagierte er? „Ich habe gelernt, mich <darin> zu begnügen, worin ich bin“ (Philipper 4,11).
Paulus hinterfragte nicht und beklagte sich nicht. Er verlangte nicht zu wissen, wann er dahin gelangen würde, vor Königen und Herrschern zu predigen. Er sagte im Wesentlichen: „Ich mag jetzt nicht sehen, was der Herr mir verheißen hat. Aber ich bewege mich im Glauben weiter, weil ich damit zufrieden bin, Jesus zu haben. Durch ihn kann ich jeden Tag am erfülltesten leben.“
Paulus war nicht in Eile damit, alles in seinem Leben erfüllt zu sehen. Er wusste, dass er eine in Eisen gekleidete Verheißung von Gott hatte, und klammerte sich daran. Für den Augenblick war er damit zufrieden, dort zu dienen, wo immer er war: Er bezeugte das Evangelium einem Gefängniswärter, einem Seemann, einigen Frauen an einem Flussufer. Dieser Mann hatte einen weltweiten Auftrag, doch er war treu darin, eins zu eins Zeugnis zu geben.
Paulus war auch nicht eifersüchtig auf jüngere Männer, die an ihm vorbeizuziehen schienen. Während sie die Welt bereisten und Juden und Nichtjuden für Christus gewannen, saß Paulus im Gefängnis. Er musste sich Berichte von großen Menschenmengen anhören, die sich durch Männer bekehrten, gegen die er bezüglich des Evangeliums der Gnade gekämpft hatte. Doch Paulus beneidete diese Männer nicht. Er wusste, dass ein Christus hingegebener Mensch sich sowohl zu bescheiden weiß als auch Fülle zu haben: „Gottseligkeit mit Genügsamkeit aber ist ein großer Gewinn … Wenn wir aber Nahrung und Kleidung haben, so wollen wir uns daran genügen lassen“ (1. Timotheus 6,6.8).
Die heutige Welt könnte zu Paulus sagen: „Du bist jetzt am Ende deines Lebens. Aber du hast keine Ersparnisse, keine Anlagen. Alles, was du hast, sind Kleider zum Wechseln.“ Ich weiß, was Paulus Antwort sein würde: „O, aber ich habe Christus gewonnen. Ich habe in der Tat wahres Leben.“
„Aber der Teufel schikaniert dich ständig, Paulus. Du lebst in ständigem Schmerz. Tatsächlich leidest du wie kein anderer, den ich kenne. Wie kann das sein?“
„Ich rühme mich meiner Bedrängnisse. Wenn ich schwach bin, dann bin ich eigentlich am stärksten. Ich messe meine Stärke nicht nach den Maßstäben der Welt, sondern nach denen des Herrn.“
„Was ist mit deinem Konkurrenten, Apollos? Er hat das Ohr der Menschenmengen. Doch du dienst nur kleinen Gruppen, oder gerademal einer Person. Apollos ist ein gewandter Redner, aber deine Sprache ist verachtenswert, Paulus.“
„Nichts davon macht mir etwas aus. Ich suche nicht nach Ruhm in diesem Leben. Ich habe eine Offenbarung des Ruhmes, der mich erwartet.“
„Aber was ist mit Gottes Verheißung an dich? Er sagte, du würdest Königen Zeugnis geben. Das einzige Mal, wo du das jemals tatest, warst du in Ketten. Du musstest predigen, als du ein Gefangener warst. Wo ist nun die Erfüllung von Gottes Verheißung in deinem Leben?“
„Mein Herr hat sein Wort mir gegenüber gehalten. Es geschah nicht auf die Weise, wie ich es erwartete, sondern auf seine Weise. Ungeachtet meiner Ketten habe ich Christus in Fülle verkündet. Und Junge, waren diese Herrscher überführt! Als ich das Predigen abschloss, zitterten sie. Der Herr gab mir Gunst, auf seine Weise.“
„Paulus, du endetest doch als Narr. Jeder in Asien hat sich gegen dich gewandt. Je mehr du andere liebst, desto weniger bist du geliebt. Du hast die ganze Zeit gearbeitet, um Gottes Gemeinde aufzubauen, und hast sogar untergeordnete Aufgaben übernommen. Aber niemand erkennt das an. Selbst die Pastoren, die du als Mentor begleitet hast, spotten jetzt über dich. Einige haben dich sogar von ihren Kanzeln verbannt. Warum gehst du in diesem Dienst überhaupt noch weiter? Du warst in keinem Sinne des Wortes ein Erfolg.“
„Ich habe diese Welt mit all ihrem Ehrgeiz und ihrer Schmeichelei schon verlassen. Ich brauche das Lob der Menschen nicht. Seht ihr, ich wurde in das Paradies entrückt. Ich hörte unaussprechliche Worte, Worte, die auszusprechen den Menschen nicht zusteht. Also, ihr könnt den ganzen Wettbewerb dieser Welt haben, mit all ihrem Trachten. Ich habe beschlossen, unter euch nichts zu wissen als Christus, und ihn als den Gekreuzigten.
Ich sage euch, ich bin der Gewinner. Ich habe die kostbare Perle gefunden. Jesus gewährte mir die Macht, alles niederzulegen und es selbst wieder aufzunehmen. Gut, ich habe alles niedergelegt und nun wartet eine Krone auf mich. Ich habe in diesem Leben nur ein Ziel: meinen Jesus zu sehen, von Angesicht zu Angesicht. All die Leiden der gegenwärtigen Zeit sind nicht mit der Freude zu vergleichen, die mich erwartet.“
Mögen unsere Herzen dem von Paulus ähnlich sein, während wir das hingegebene Leben suchen.
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Bibelstellen – soweit nicht anders angegeben – nach der Elberfelder Bibel 2006. Die angegebenen Versnummern können bei einigen Bibelausgaben abweichen.