Die vorbeugende Liebe des Herrn
„Du beugtest ihm mit Segnungen an Gutem vor; du setztest eine Krone von purem Gold auf sein Haupt“ (Psalm 21,4; a. d. englischen King James Version). Auf den ersten Blick ist dieser Vers von David etwas rätselhaft. Das Wort für „vorbeugen“ wird gewöhnlich mit „hindern“, nicht mit „segnen“ in Verbindung gebracht. Eine moderne Übersetzung hier könnte sein: „Der Herr hinderte David mit Segnungen an Gutem.“
Doch das biblische Wort für „vorbeugen“ hat eine völlig andere Bedeutung. Es bedeutet „vorwegnehmen, zuvorkommen, voraussehen und im Voraus erfüllen, eine Schuld vor ihrer Fälligkeit begleichen“. Desweiteren schließt es, in fast jedem Beispiel, etwas Erfreuliches ein.
Jesaja gibt uns einen kurzen Einblick in diese Art des Erfreulichen. Es kommt von Gott, der ein Bedürfnis voraussieht und es im Voraus erfüllt. „Und es wird geschehen: Ehe sie rufen, werde ich antworten; während sie noch reden, werde ich hören“ (Jesaja 65,24).
Dieser Vers liefert uns ein unfassbares Bild von der Liebe unseres Herrn zu uns. Offensichtlich ist er so besorgt darum, uns zu segnen, so bereit, seine liebevolle Freundlichkeit in unserem Leben zu erweisen, dass er nicht einmal auf uns warten kann, bis wir ihm unsere Anliegen bringen. Also springt er ein und vollbringt für uns Taten der Barmherzigkeit, der Gnade und der Liebe. Und das ist für ihn höchste Freude.
Das ist genau das, was David im Wesentlichen in Psalm 21 sagt: „Herr, du schüttest Segnungen und liebevolle Freundlichkeit über mir aus, bevor ich bitten kann. Und du gibst mehr, als ich mir jemals zu erbitten vorstellen könnte.“
David spricht von einem eindrucksvollen Werk, das Gott im geistlichen Bereich für ihn tat. Es ist etwas, das David Sieg über seine Feinde, Antworten auf Gebet, überwindende Kraft und unaussprechliche Freude gab. Und Gott tat das alles, bevor David überhaupt ins Gebet gehen konnte, um sein Herz auszuschütten oder seine Bitte vorzubringen. Sobald David schließlich sein Herz auszuschüttete, entdeckte er, dass Gott schon Vorsorge dafür getroffen hatte, seine Feinde zu besiegen. Davids Sieg war gewährleistet, bevor er sich überhaupt dem Schlachtfeld nähern konnte.
In der Tat, als David Psalm 21 schrieb, sprach er von einer buchstäblichen Schlacht. Dieser Psalm ist ein Begleitpsalm für Psalm 20, und beide beziehen sich auf eine Schlacht, die in 2. Samuel 10 beschrieben wird. In diesem Abschnitt von 2. Samuel hatten Israels Feinde, die Ammoniter, syrische Bataillone angeheuert, um gegen David Krieg zu führen. Deshalb entsandte David seinen Oberbefehlshaber Joab und eine ausgewählte Armee, um den Feind an der Landesgrenze zu stellen. Sie schlugen die Syrer mit einem überwältigenden Sieg vernichtend, und der Feind floh voller Furcht.
David jubelte und dachte: „Das ist das Ende der Syrer. Wir werden uns nicht mehr mit ihnen befassen müssen. Unsere Armee hat ihnen einen Todesstoß versetzt.“ Er schrieb: „Ich zerschmetterte sie, dass sie nicht mehr aufstehen konnten; sie fielen unter meine Füße“ (Psalm 18,39).
Doch die Schrift sagt uns: „Als nun Aram sah, dass es vor Israel geschlagen war, sammelten sie sich alle <wieder>“ (2. Samuel 10,15). Der Feind formierte sich neu und begann, einen neuen Angriff zu planen. Nun würden sie mit großen eisernen Streitwagen gegen Israel vorgehen.
Natürlich geht es in dieser Geschichte um mehr als um Davids Probleme mit den Syrern. Es geht auch um die heutigen Nachfolger Christi und unsere Schlacht gegen Satan. Es geht um eine Schlacht, von der wir dachten, sie längst gewonnen zu haben – vielleicht gegen eine Begierde, eine Angewohnheit, eine Versuchung, die wir einmal besiegt hatten. Damals dachten wir: „All mein Fasten und Beten in dieser Sache hat sich ausgezahlt. Ich habe endlich den Sieg errungen, durch den Glauben. Ich werde nicht weiter geplagt werden.“
Doch Gott gibt uns diese Geschichte, um uns eine entscheidende Lektion zu offenbaren.
Satan wird den Kampf gegen uns nicht einfach aufgeben. Wenn wir ihn einmal besiegen, wird er seine Einheiten verdoppeln und geradewegs zu uns zurückkommen. Plötzlich sind wir in einem geistlichen Krieg, von dem wir dachten, ihn schon gewonnen zu haben. Und nun kommt er zu uns mit „eisernen Wagen“, Waffen und Geräten mit größerer Kraft und Intensität, als wir sie bisher kannten.
„Die Aramäer ordneten sich <zur Schlacht> gegen David und kämpften mit ihm“ (2. Samuel 10,17). Es ist wichtig zu beachten, dass David zu diesem Zeitpunkt nicht in Sünde lebte. In Gegenteil, er wandelte in der Furcht Gottes. Und doch war David ein Mensch, also muss er sich gefragt haben: „Warum wollte Gott diesem einmal-toten Feind erlauben, wieder über mich zu kommen?“
Wir wissen, dass David ein empfindsames Herz hatte. Ohne Zweifel, er forschte in seiner Seele, indem er sich fragte, ob es in ihm einen bösen Weg gab. War er irgendwie ungehorsam? Wahrscheinlich dachte er: „Herr, werde ich gezüchtigt?“
Ist es nicht das, was uns durch den Kopf geht, wenn wir uns einem Feind gegenübersehen, den wir längst vernichtet glaubten? Wir wälzen uns in Selbstprüfung: „Es muss irgendeine böse Wurzel in mir geben. Wie könnte ich sonst wieder und wieder in diesem Bereich versucht werden? Ich muss ein Blender, ein Heuchler sein, innerlich verdorben.“ Am Ende rufen wir wie David aus: „Hilf mir Herr, das geht über meine Kraft und ich brauche ein Wunder. Bitte befreie mich ein für allemal von dieser Sache.“
Plötzlich, mitten in dieser Verwirrung und Seelen-Forschung erinnerte David sich an den Bund, den Gott mit ihm geschlossen hatte: „So verkündigt dir <nun> der HERR, dass der HERR dir ein Haus machen wird. Wenn deine Tage erfüllt sind und du dich zu deinen Vätern gelegt hast, dann werde ich deinen Nachkommen, der aus deinem Leib kommt, nach dir aufstehen lassen und werde sein Königtum festigen“ (2. Samuel 7,11-12).
Gott erinnerte David an dieses Versprechen, als er in den Kampf zog. Er wollte alle Furcht von seinem geliebten Diener nehmen. Während also der Teufel sämtliche Waffen der Hölle gegen David schleuderte, zeigt der Herr ihm, dass schon bevor er überhaupt zu kämpfen begann, er als Sieger hervorgehen würde. Er sagte im Wesentlichen: „Ich werde dich und deine Nachkommen pflanzen, sodass dein Haus für immer bestehen wird. Du brauchst dich nicht von deinen Feinden herum schubsen zu lassen, denn ich werde sie abschneiden. Wenn also die Syrer in ihren eisernen Wagen auftauchen, sei nicht erschüttert. Du wirst aufrecht aus dieser Schlacht herauskommen.“
David ergriff diese Versprechen. Und das Erste, was er tat, war, den Blick vom anrückenden Feind abzuwenden. Nun weinte er nicht länger darüber, in Schwierigkeiten zu sein und versuchte nicht mehr, zu begreifen, warum der Kampf gekommen war. Stattdessen wärmte er sich an der Offenbarung der liebevollen Freundlichkeit Gottes: „Er befreite mich, weil er Gefallen an mir hatte“ (Psalm 18,20).
Das ist es, was Gott für jedes seiner Kinder beabsichtigt, wenn der Feind wie eine Flut über uns kommt. Der Herr „beugt vor“ bei uns mit seiner Liebe. Mit anderen Worten, er sagt zu uns: „Du magst verwundet sein, aber das ist egal. Ich habe dich schon siegreich gemacht.“
Wegen Gottes „vorbeugender“ Verheißung sind wir fähig, den Sieg und die Oberhand zu beanspruchen, noch bevor die Schlacht überhaupt beginnt. David sang: „HERR, über deine Kraft freut sich der König, und wie sehr jauchzt er über deine Hilfe! Den Wunsch seines Herzens hast du ihm gewährt, und das Verlangen seiner Lippen nicht verweigert“ (Psalm 21,2-3).
Sie mögen sich fragen: „Wie konnte David sich freuen? Er sah sich dem heftigsten Angriff gegenüber, den er je erlebt hatte. Wie konnte er Freude habe, wenn er hätte verwundet oder sogar getötet werden können?“
David antwortet: „Du beugtest ihm mit Segnungen an Gutem vor; du setztest eine Krone von purem Gold auf sein Haupt“ (21,4; a. d. englischen King James Version). Was David damit hier sagt ist lebensverändernd: „Ich sehe mich einem mächtigen Feind gegenüber, der darauf aus ist, mich zu vernichten. Aber meine Seele ist im Frieden. Warum? Der Herr hat meinen Kampf vorausgesehen. Und er hat mich mit Zusicherungen seiner Liebe überschüttet. Mein Feind mag mich veranlassen, zu stolpern oder zu fallen, und an manchem Punkt mag es so scheinen, dass ich am Ende bin. Aber Gott hat mir gesagt, dass, wenn ich einfach wieder aufstehe, ich seine Kraft empfangen und die Schlacht gewinnen werde.“
Daraufhin machte David dieses Glaubensbekenntnis, unmittelbar bevor er in den Kampf zog: „Du setztest eine Krone aus purem Gold auf (mein) Haupt“ (21,4; a. d. englischen King James Version). Die goldene Krone, die David hier erwähnt, ist ein Symbol für Sieg und Herrschaft. David sagte damit: „Ich ziehe in den Krieg und reite auf Gottes Verheißung für mich. Er sagte, dass ich aus der Schlacht hervorgehen und die Siegeskrone tragen werde.“
Damit ist die Lehre der „vorbeugenden Güte“ Gottes zusammengefasst: Er hat alle unsere Nöte vorausgesehen – alle unsere Kämpfe mit der Sünde, dem Fleisch und dem Teufel – und in seiner Barmherzigkeit und Güte hat er unsere Schuld bezahlt, noch bevor sie fällig werden kann. Unser Sieg ist ein vollzogenes Geschäft.
Doch diese Lehre gilt nicht für Christen, die mit der Sünde flirten. Dadurch, dass sie sich weigern, ihre Begierde aufzugeben, haben sie bereits vor dem Feind kapituliert. Solche Leute wollen einfach nicht frei sein. Und sie haben schon ein verhärtetes Herz entwickelt. Sie haben Gottes Gnade und Liebe wieder und wieder auf die Probe gestellt, bis sie schließlich so weit gekommen sind, sie zu verachten.
Gottes vorbeugende Güte gilt besonders denen, die Jesus lieben und von der Sünde überrascht werden. Der Herr versichert uns, dass, selbst wenn wir vorübergehend niedergeschlagen sind, wir schließlich aufrecht aus der Schlacht hervorgehen werden, und das alles, weil Jesus unsere Schuld bezahlt hat. Sie mögen durch das Schwert des Feindes verwundet sein und bluten. Sie haben auf irgendeine Weise versagt, und jetzt sind Sie im Geist niedergeschlagen und fragen sich, ob Sie sich je wieder erholen werden.
Liegen Sie nicht da und fragen sich: „Wo bin ich in die Irre gegangen?“ Stehen Sie auf, und stellen Sie sich auf Gottes Verheißungen der liebevollen Freundlichkeit. Bekennen Sie, und ergreifen Sie seine Vergebung. Er hat versprochen, dass Sie aus jeder Schlacht als ein Sieger hervorgehen werden, gekrönt mit seiner Kraft. „Erhebe dich, HERR, in deiner Kraft! Wir wollen singen und spielen deiner Macht“ (Psalm 21,14).
Der Heilige Geist treibt alle Furcht aus uns aus – Furcht, zu fallen, von Gott abgeschnitten zu werden, die Gegenwart des Heiligen Geistes zu verlieren –, indem er seine Freude in uns pflanzt. Wir sollen freudig vorangehen, wie David es tat, weil Gott uns versichert hat, dass wir herrschen werden.
Doch so wenige Christen haben diese Fröhlichkeit und übergroße Freude. Eine Vielzahl lernt nie Seelenruhe oder den Frieden der Gegenwart Christi kennen. Sie gehen umher als seien sie in Trauer und stellen sich eher vor, unter dem Daumen des göttlichen Zorns zu sein als unter seinen schützenden Flügeln. Sie sehen ihn als strengen Vorgesetzten, der immer bereit ist, die Peitsche auf ihren Rücken niederfahren zu lassen. Und so leben sie unglücklich, ohne Hoffnung, eher tot als lebendig.
Aber in Gottes Augen ist unser Problem nicht die Sünde; es ist das Vertrauen. Jesus hat unser Sündenproblem auf Golgatha ein für allemal geregelt. Er kommt uns nicht ständig mit derselben Leier: „Diesmal hast du die Linie überschritten.“ Nein, niemals! Seine Haltung uns gegenüber ist gerade das Gegenteil. Sein Geist ist ständig dabei, uns zu umwerben, uns an die Liebe und Güte des Vaters, selbst mitten in unserem Versagen, zu erinnern.
Wenn wir uns auf unsere Sünde konzentrieren, verlieren wir jeden Blick dafür, was Gott am meisten will: „Ohne Glauben aber ist es unmöglich, <ihm> wohlzugefallen; denn wer Gott naht, muss glauben, dass er ist und denen, die ihn suchen, ein Belohner sein wird“ (Hebräer 11,6). Dieser Vers sagt alles. Unser Gott ist ein Belohner, und er wartet ungeduldig darauf, uns mit seiner Liebe und Güte zu überschütten, darauf, dass er uns weit früher als geplant segnet.
Das ist die Vorstellung, die wir nach dem Wunsch unseres himmlischen Vaters von ihm haben sollen. Er weiß, wann wir über unsere Fehler und Sünden Buße tun werden. Er weiß, wann unsere Zerknirschung kommt. Aber er kann das Fälligkeitsdatum gar nicht abwarten. Also springt er ein und sagt: „Ich möchte meinem Kind versichern, dass es nicht gerichtet werden wird, weil ich ihm schon durch das reinigende Blut meines Sohnes vergeben habe.“
Sie kennen Davids Geschichte. Er ging weit über die Versuchung hinaus und fiel in unverhohlenen Ehebruch. Dann wurden die Dinge noch schlimmer: David log, um seine Sünde zu verbergen. Als das nicht funktionierte, beging er sogar Mord, um zu verhindern, dass er ertappt würde. David wurde ein Heuchler, der im Angesicht aller Segnungen Gottes sündigte, der Gottes Feinden Anlass zum Jubeln gab und Schande auf den Namen des Herrn brachte. Doch wir alle wissen, wie die Geschichte endete. David wurde vergeben und völlig wiederhergestellt, obwohl er streng bestraft wurde.
Mein Frage lautet: An welchem Punkt wurde David vergeben? Gott sandte den Propheten Nathan, um David mit seiner Sünde zur konfrontieren. Der Herr sagte: „Ich möchte, dass du David sagst, wie böse seine Sünde in meinen Augen ist. Als Folge seiner Ungerechtigkeit wird das Schwert nicht von seinem Haus weichen. Das uneheliche Kind, das er mit Batseba gezeugt hat, wird sterben. Und seine Frauen werden vor den Augen von ganz Israel vergewaltigt werden. Am Schluss sage David, dass ich alle seine Sünden ausgelöscht habe. Er steht nicht mehr unter Gericht. Ich werde ihn nicht töten. Versichere ihm, dass ihm völlig vergeben ist.“
Denken Sie darüber nach: Als Gott dies zu Nathan sagte, war David noch dabei, seine Sünde zu leugnen. Er hatte sie noch nicht einmal bekannt. Sehen Sie, was geschah? Gott vergab diesem Mann, noch bevor er sich überhaupt seiner Sünde gegenübersah – bevor er ein Gebet äußern konnte!
Gott weiß alles, und er kannte Davids Herz. Er wusste, dass David, sobald Nathan ihn konfrontieren würde, herausplatzen würde: „Oh Herr, ich habe schrecklich gesündigt. Ich habe diese Last ein ganzes Jahr mit mir herumgetragen. Gott sei Dank, alles wurde ans Licht gebracht.“
Gott wusste, dass David wegen seiner Sünde gebrochen und zerknirscht sein würde. Doch vor allem wusste Gott, dass David im Herzen kein gewohnheitsmäßiger Ehebrecher oder Mörder war. David war von der Sünde überrascht worden. Dieser Mann wachte nicht eines Tages auf und beschloss: „Heute werde ich meiner Begierde nachgeben. Ich werde auf mein Dach steigen und umher gucken, bis ich eine nackte Frau erspähe, die auf dem Dach badet. Dann werde ich sie hier in meinen Palast bringen und sie verführen.“ Nein, ich bin überzeugt, dass David in einem Augenblick der Schwachheit überwältigt wurde.
Genauso sieht Gott auch Ihr Herz. Vielleicht stecken Sie in irgendeiner Sklaverei, sind von der Sünde überwältigt. Aber der Herr weiß, dass Sie nicht eines Tages aufgewacht sind und beschlossen haben: „Heute werde ich ausgehen, um Unzucht zu treiben. Ich werde einen Weg finden, mein Temperament durchgehen zu lassen und zu explodieren.“ Nein, nur verhärtete Seelen verhalten sich so, Evangeliums-Ablehner und Sündenliebhaber. Gebrochene, zerknirschte Christen planen nicht, zu sündigen; sie werden von ihr überrascht und eingeholt. Tatsächlich überflutet der Feind sie oftmals, während sie mit Gottes Angelegenheiten beschäftigt sind.
Lieber Christ, Gott hat Ihre Tränen gezählt, bevor Sie sie überhaupt vergossen haben. Er hat Ihnen schon vergeben, an dem Punkt Ihres ersten Gewissensbisses und Kummers. Er hat Ihre Sünde weggewischt, noch bevor der furchtbare Schmerz Ihr Herz erfasste und Sie schrien: „Oh Gott, ich hasse das, ich verachte es. Es tut mir so leid, dass ich dich betrübt habe.“ Er sieht die Zerknirschung in Ihrem Herzen, noch bevor sie zum ersten Mal zum Vorschein kommt.
So wusste Gott, welchem Schmerz sich David gegenübersah. Er wusste, dass David in den nächsten paar Jahren durch strenge Disziplinierung gehen würde. Und Gott wollte rasch mit seinem Trost kommen. So eilte er herbei, um bei David mit dem Segen seiner Gnade vorzubeugen.
Wir sehen ein Bild davon, als David Batseba später als Ehefrau in sein Haus holte, um mit ihm zusammenzuleben. Nachdem ihr uneheliches Kind starb, segnete Gott sie mit einem weiteren Kind, dessen Name Jedidja war, das heißt: „Gott weiß“. Der Herr versicherte David damit: „Ich kenne dein Herz und sehe deine Zerbrochenheit.“
Ich glaube, dass der Verschwender heimkam, weil er eine Geschichte mit seinem Vater hatte. Dieser junge Mann kannte den Charakter seines Vaters, und offensichtlich hatte er von ihm große Liebe erfahren. Denn warum hätte er zu einem Mann zurückkehren sollen, der zornig und rachsüchtig sein würde, der ihn schlagen würde und ihn jeden Cent zurückzahlen lassen würde, den er vergeudet hatte?
Der Verschwender wusste sicherlich genau, dass, falls er zurückkehrte, ihm nicht der Kopf gewaschen und er wegen seiner Sünden verdammt werden würde. Er dachte wahrscheinlich: „Ich weiß, dass mein Vater mich liebt. Er wird mir meine Sünde nicht ins Gesicht schleudern. Er wird mich wieder annehmen.“ Wenn Sie eine solche Geschichte haben, dann können Sie immer heimkehren.
Beachten Sie, wie der Vater des Verschwenders bei ihm mit dem Segen der Güte „vorbeugte“. Der junge Mann beabsichtigte, seinem Dad ein aufrichtiges Geständnis abzulegen, weil er es auf dem ganzen Heimweg geprobt hatte. Doch als er seinem Vater gegenüberstand, erhielt er gar keine Gelegenheit, um voll zu gestehen. Sein Vater unterbrach ihn, indem er ihm entgegenlief und ihn umarmte.
„Als er aber noch fern war, sah ihn sein Vater und wurde innerlich bewegt und lief hin und fiel ihm um seinen Hals und küsste ihn“ (Lukas 15,20). Der Vater war so froh, dass sein Sohn zurück war, dass er ihn mit Küssen bedeckte und sagte: „Ich liebe dich, Sohn. Komm heim und werde wiederhergestellt.“
Der Vater tat all das, bevor sein Sohn sein Geständnis zu Ende bringen konnte. Der junge Mann konnte gerade noch mit den ersten Worten seiner Rede herausplatzen und sagen: „Vater, ich habe gesündigt gegen den Himmel und vor dir; ich bin nicht mehr würdig, dein Sohn zu heißen“ (15, 21). Doch sein Vater wartete nicht, bis er geendet hatte. Für ihn war die Sünde des jungen Mannes bereits geregelt. Die einzige Reaktion des Vaters war, seinen Dienern eine Anweisung zu geben: „Zieht meinem Sohn ein Gewand an und steckt Ringe an seine Finger. Bereitet ein Fest vor, denn wir werden feiern! Alle sollen feiern, denn mein Sohn ist zuhause!“
An welchem Punkt wurde dem verlorenen Sohn vergeben? Es geschah schon, als er noch im Schweinestall wegen etwas Essbarem herumkroch. Seine Sünde wurde in dem Moment weggewischt, als er dachte: „Ich werde nachhause gehen. Ich habe meinem Vater zu bekennen, dass ich gesündigt habe.“ Ihm wurde von seinen Vater vergeben, noch bevor er sein Geständnis aussprechen konnte – bevor er Buße tun, Tränen des Kummers weinen oder versuchen konnte, zurückzuzahlen. Und sein Vater überschüttete ihn weit früher als geplant mit Segnungen der Güte.
Sünde war für diesen Vater nicht das Thema. Das einzige Thema in seinen Gedanken war Liebe. Er wollte, dass sein Junge wusste, dass er angenommen war, noch bevor er ein Bekenntnis äußern konnte. Und das ist der Zeitpunkt, den Gott bei uns allen setzen will: Seine Liebe ist größer als alle unsere Sünden. „Die Güte Gottes [leitet] dich zur Buße“ (Römer 2,4).
Natürlich ist es möglich, „den Reichtum seiner Gütigkeit und Geduld und Langmut (zu verachten) und ... nicht (zu wissen), dass die Güte Gottes dich zur Buße leitet“ (2, 4). Jene, die meinen, sie können weiter mit der Sünde fortfahren und Gottes Gnade wieder und wieder auf die Probe stellen, werden durch ihr sich wiederholendes Sündigen verhärtet. Sie glauben, dass sie fortfahren können, gegen seine Güte zu sündigen, ohne einen Schaden zu haben.
Doch allmählich werden ihre Herzen uneinsichtig, sodass sie nicht länger den Wunsch haben, Buße zu tun. Sie enden mit verhärteten Herzen und häufen dabei Zorn gegen sich selbst auf. Sie können Gott nicht beschuldigen; er hat treu versucht, bei ihnen mit Segnungen der Güte vorzubeugen, doch sie haben das alles verworfen. Das ist die größte Sünde, die irgendjemand begehen kann.
Hier ist der Weg zur Reinigung und Wiederherstellung: die Verheißungen des Herrn empfangen. Er sagt uns: „Ich werde dich dazu bringen, auf meinen Wegen zu gehen. Und ich werde meine Furcht in dein Herz pflanzen. Ich weiß, dass du das nicht selbst tun kannst. Ich werde es für dich tun, unter deiner Mitwirkung. Dieses Werk wird nur durch den Glauben an das vollendete Werk des Kreuzes vollbracht. Alles, worum ich bitte ist, dass du meiner Zusage an dich vertraust. Das Werk ist schon von mir vollbracht. Dein Werk ist, es im Glauben anzunehmen. Das ist meine Liebe zu dir.“
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Bibelstellen – soweit nicht anders angegeben – nach der Elberfelder Bibel 2006. Die angegebenen Versnummern können bei einigen Bibelausgaben abweichen.