Sie müssen Ihre Bedrängnisse nicht verstehen – Sie haben Gnade bekommen
Eine liebe Christin aus unserer Adressliste schrieb uns einen herzzerreißenden Brief:
„1972 verloren wir einen Sohn mit Downsyndrom durch eine Lungenentzündung. Er war erst siebzehn Monate alt. Sieben Jahre später, 1979, verloren wir unseren fünfzehnjährigen Sohn. Er kam in unserem Hinterhof durch einen Stromschlag ums Leben, als er auf einen Baum kletterte.
Jetzt hat unser vierundzwanzigjähriger Sohn Diabetes. Und ich habe Krebs und muss mich einer Chemotherapie unterziehen. Ich frage Sie aufrichtig: Ist es eine Sünde, Gott zu fragen: ‚Warum’? Versteht er unser Menschsein?
Pastor Dave, sind Sie schon einmal eine Zeit lang wütend auf Gott gewesen? Ich war es und ich weiß, es ist falsch. Ich fühle mich beschämt, dass ich solche Gedanken habe. Aber ich werde so konfus, während ich versuche, zu verstehen, warum Christen so viel leiden. Ich weiß, dass wir nicht mehr verdienen als andere. Aber ich bin wegen all dem Leid, das wir durchmachen, traumatisiert.
Ich habe Furcht und Sorge. Aber ich möchte alle meine Furcht trotz der Leiden durch einen starken Glauben ersetzen. Dennoch frage ich weiterhin: Warum so viel Leid? Wie lange wird es weitergehen?“
Ich kann mir den Horror nur vorstellen, einen Sohn tot am Boden liegend zu finden, nachdem er einen Stromschlag bekommen hat. Ich verstehe den Schrei dieser Mutter: „Warum musste ich noch einen Sohn begraben, Gott? Warum sind zwei unserer Jungen tot, und ein weiterer von einer lebensgefährlichen Krankheit befallen? Ich habe Krebs und bin krank von Bestrahlung und Chemotherapie. Jeder von uns ist geschlagen. Warum all dieses Leid? Wann wird es enden?“
Ich kann nicht erklären, warum diese Familie solch große Bedrängnisse durchgemacht hat. Aber eines kann ich Ihnen sagen: Es ist keine Sünde, zu fragen, warum. Selbst unser gepriesener Herr stellte diese Frage, als er unter Schmerzen am Kreuz hing. Jesus selbst wurde bezeichnet als „Mann der Schmerzen und mit Leiden vertraut“ (Jesaja 53,3). Ich glaube, Christus versteht all unser Fragen, weil er mit unseren menschlichen Qualen völlig vertraut ist.
Er hört uns, wenn wir herausschreien: „Herr, warum lässt du mich das alles durchmachen? Ich weiß, es kommt nicht aus deiner Hand – doch du erlaubst dem Teufel, mich zu schikanieren. Warum muss ich jeden Tag mit dieser über mir hängenden dunklen Wolke aufwachen? Warum muss ich solche Schmerzen ertragen? Wann wird dieser Alptraum enden?“
Die säkulare Welt verlangt eine Erklärung für all den Schmerz und all die Leiden in diesem Leben. Viele Nichtgläubige haben mich gefragt: „Mr. Wilkerson, wenn Ihr Gott real ist – wenn er wirklich liebt, wie Sie sagen – warum erlaubt er dann immer noch das Verhungern? Warum erlaubt er Flut- und Hungerkatastrophen, arme Nationen heimzusuchen, die Tausenden auf einmal das Leben kosten? Wie kann er danebenstehen, wenn AIDS in Afrika Millionen Menschen tötet? Warum werden Tausende in kriegsgeschundenen Nationen zunichte gemacht, die niemals Frieden erfahren haben?
An Ihren Gott kann ich schlicht nicht glauben, Hochwürden. Ich muss mehr Liebe haben als er – denn wenn ich die Kraft hätte, würde ich dieses ganze Leiden stoppen.“
Ich werde nicht darangehen, zu versuchen zu erklären, warum die Nationen leiden – warum da so furchtbare Hungersnot, Seuche, Flut, Armut, Krankheit und Zerstörung ist. Doch die Schrift wirft in der Tat Licht auf die Leiden in der Welt, durch ihr Portraitieren des Volkes Gottes, dem antiken Israel. Diese Nation erlitt ähnliches Unheil: Holocausts, Gefangenschaft, wirtschaftlichen Kollaps, seltsame Krankheiten (von denen nur Israel geplagt wurde). Manchmal waren die Leiden der Israeliten so grauenhaft, dass selbst ihre Feinde sie bemitleideten.
Warum erlitt Israel so schreckliche Dinge? Die Schrift macht es klar: In jedem dieser Fälle verließen sie Gott und wandten sich stattdessen dem Götzendienst und der Zauberei zu.
Wir sehen dieselbe Sache heute in vielen Nationen geschehen. Zum Beispiel sind etwa zweihundert Jahre lang viele Missionare nach Afrika geströmt. Doch ganze afrikanische Länder haben Christus abgelehnt – wobei sie Tausende von Missionaren und Millionen von Bekehrten verfolgt und erschlagen haben. Tragischerweise ist, wann immer eine Nation das Evangelium ablehnt – und sich stattdessen dem Götzendienst und dem Okkulten zuwendet –, das Ergebnis daraus Armut, Wahnsinn, Krankheit und unbeschreibliches Leiden.
Dies gilt gewiss für Haiti. Gerade jetzt dreht dieses Land buchstäblich durch. Wir erhielten einen Brief von einem Missionarsehepaar dort, das unser Dienst unterstützt hat. Sie schrieben, dass ihre Nachbarn auf beiden Seiten ausgeraubt und geschlagen wurden – und sie glauben, dass sie als nächstes auf der Liste stehen. Sie baten uns, für ihre Bewahrung zu beten.
Warum solch ein Unheil in Haiti? Satanismus herrscht dort, und Hexerei ist so gut wie Staatsreligion. Ich habe das aus erster Hand erlebt, als ich auf einer Predigtreise in Haiti war. Ich habe mit Medizinmännern gesprochen und sah die Ergebnisse ihrer Voodoo-Praktiken: Armut, Verzweiflung, Furcht, Krankheit, Hunger, Verdorbenheit.
Die Welt kann die Schuld für irgendetwas davon nicht Gott zuschieben. Es ist ganz klar das Werk des Teufels – er möchte jeden christlichen Einfluss auf der Insel beseitigen. Ja, Haiti ist evangelisiert worden – aber die Haitianer lehnen das Evangelium ab, lieben Finsternis mehr als Licht. Und das tragische Ergebnis ist tiefes Leiden.
Überall auf der Erde verschmutzen sündige Menschen das Land, die Luft und das Meer. Doch die Welt gibt Gott die Schuld an den atmosphärischen Veränderungen, die Flutkatastrophen, Hungersnöte und Krankheiten, die sowohl Menschen als auch Tiere befallen, verursacht haben. Die Leute bestehen auf ihr Recht auf Promiskuität und haben mehrere Sexualpartner – doch Gott wird die Schuld an der Ausbreitung von AIDS gegeben. Über Mitarbeiter der Vereinten Nationen wird sich mokiert, wenn sie versuchen, in armen Ländern sexuelle Enthaltsamkeit zu lehren.
Hier in Amerika wurde ein Meer von unschuldigem Blut vergossen. Nach der letzten Zählung sind 40 Millionen Babys durch Abtreibung getötet worden. Im Kongress ist ein Gesetz in der Schwebe, das erklärt, dass, wenn ein Baby die Abtreibungsprozedur überlebt, die Mutter entscheiden kann, das Kind sterben zu lassen. Das Baby wird einfach zur Seite gelegt – nicht gefüttert oder gehalten, und zu Tode gehungert. Jetzt kommen überall im Land Krankenschwestern damit heraus und behaupten, dass sie nicht mehr schlafen können, weil sie die Schreie dieser toten Kinder hören.
Diese böse Generation hat eine unverhohlene Gleichgültigkeit gegenüber dem Leben. Aber wir scheinen unfähig, zu begreifen, warum unsere Kinder dabei landen, ihre Schulkameraden zu töten. Wir behaupten, nicht zu verstehen, warum fünf sogenannte normale Teenager den Besitzer einer chinesischen Imbissstube töten würden, für Essen, das weniger als fünfzehn Dollar wert sind. Der Grund für solche Tragödien ist allzu klar: Wir ernten, was wir gesät haben, durch unser eigenes Vergießen unschuldigen Blutes.
Während die Welt aufschreit: „Wo ist Gott in all diesem?“, erwidere ich: „Er weint darüber, was die Menschheit getan hat.“
Gerade jetzt gehen viele Leser dieser Botschaft durch tiefes Leid – physischen Schmerz, emotionalen Aufruhr, übermächtige Versuchungen – und sie fragen: „Warum?“ Vielleicht beschreibt dies Sie. Sie sind müde davon, sich verloren und verdammt zu fühlen, zu fühlen dass Gott irgendwie sauer auf Sie ist. Sie sind durch ständige Selbstuntersuchung abgenutzt. Sie sind erschöpft durch all den schlechten Ratschlag, den sie erhalten haben, der Sie sich nur noch schlechter fühlen lässt.
Mag sein Sie sind schon längst darüber hinweg, sich zu fragen, warum. Nun fragen Sie: „Herr, du weißt, dass ich dich liebe. Mein Glaube an dich ist stark. Aber diese Prüfung geht einfach weiter. Ich weiß nicht, wie lange ich das noch durchstehen kann. Wie viel mehr erwartest du von mir, dass ich es auf mich nehme?“
Der Apostel Paulus sagt uns, dass sein Leben ein Beispiel dafür ist, wie wir mit unseren Bedrängnissen umgehen sollen. Er schreibt: „Darum ist mir Barmherzigkeit zuteilgeworden, damit Jesus Christus an mir als dem Ersten die ganze Langmut beweise, zum Vorbild für die, welche an ihn glauben werden zum ewigen Leben“ (1. Timotheus 1,16).
Meiner Meinung nach hat kein Mensch außer Jesus so viel gelitten – auf so vielfältige Weise, durch die Hände so vieler Menschen – wie Paulus es tat. Schon zum Zeitpunkt seiner Bekehrung wurde Paulus vorgewarnt bezüglich der Leiden, denen er sich gegenübersehen würde: „Der Herr aber sprach zu ihm ... ich werde (Paulus) zeigen, wie vieles er für meinen Namen leiden muss“ (Apostelgeschichte 9,15-16). Jesus selbst erklärt hier: „Ich werde Paulus zeigen, wie sehr er um meines Namens willen leiden wird.“ Ebenso soll unser Leben dem Muster von Paulus‘ Beispiel folgen.
Die tiefsten Prüfungen und Leiden sind bestimmt für ergebene Diener, die Offenbarungen aus dem ureigenen Herzen Gottes empfangen. Paulus bezeugt: „Wegen des Außerordentlichen der Offenbarungen ... damit ich mich nicht überhebe, wurde mir ein Dorn für das Fleisch gegeben“ (2. Korinther 12,7).
Wenn Sie Ihr Herz gänzlich auf Christus ausgerichtet haben – wenn Sie entschlossen sind, ihn intim zu kennen, ihn ausgehungert zu suchen, damit er Ihnen sein Wort eröffnet –, werden Sie auf einen Leidensweg gestellt werden. Sie werden harte Zeiten erleben, tiefe Qualen, große Bedrängnisse, von denen kalte, fleischliche Christen nichts wissen. Dies galt für Paulus‘ Leben. Als Paulus bekehrt wurde, war er nicht damit zufrieden, Christus nur durch die Jünger Jesu in Jerusalem kennenzulernen. Dieser Mann wollte den Herrn selbst intim kennen. Deshalb sagte Paulus: „ [Ich] zog ... nicht Fleisch und Blut zu Rate“ (Galater 1,16). Stattdessen kapselte er sich für drei Jahre in Arabien ab (siehe 1,16-17).
In der Tat kam die Offenbarung Christi, die Paulus erhielt, nicht von einem Menschen. Der Apostel bezeugte: „Ich habe es nämlich weder von einem Menschen empfangen noch erlernt, sondern durch <eine> Offenbarung Jesu Christi“ (1,12).
Ich danke Gott für Bibellehrer. Sie schließen uns die Schriften auf und enthüllen viele Wunder und Mysterien des Glaubens. Aber Tatsache ist, dass die Offenbarung Jesu Christi nicht gelehrt werden kann. Sie muss durch den Heiligen Geist gegeben werden. Und sie kommt zu jenen, die, wie Paulus, sich in ihrem eigenen Arabien abkapseln, entschlossen, Christus zu kennen.
Diese Qualität trennt die beiden Grundarten der Christen. Eine Art sagt: „Ich gab mein Herz Jesus“ – aber das ist alles, was sie von ihrem Glauben behaupten können. Sie freuen sich, dass sie in den Himmel und nicht zur Hölle gehen werden. Aber sie gehen in ihrem Wandel mit Christus nicht weiter.
Die andere Art sagt: „Ich habe mein Herz Jesus gegeben – aber ich werde nicht zufrieden sein, bis ich sein Herz kenne.“ Dieser Diener wird nicht ruhen, bis er die Bürde Christi trägt, wandelt, wie Christus wandelte, Gott gefällt, wie Christus Gott gefiel. Solche Entschlossenheit kann schlicht nicht gelehrt werden.
Doch seien Sie gewarnt: Wenn Sie wirklich wollen, dass Jesus Ihnen sein Herz gibt, müssen Sie bereit sein, Bedrängnisse durchzustehen. In der Tat wird die Offenbarung Christi, die Sie empfangen, von Leiden und Bedrängnissen begleitet sein, von solchen, wie Sie sie niemals gekannt haben.
Paulus sagt, dass er Offenbarungen von Gott empfing, die über Jahrhunderte vor den Augen der Menschen verborgen waren: „Das in anderen Geschlechtern den Söhnen der Menschen nicht zu erkennen gegeben wurde, wie es jetzt seinen heiligen Aposteln und Propheten durch den Geist offenbart worden ist“ (Epheser 3,5).
Wenn Paulus davon spricht, Offenbarungen zu empfangen (siehe 2. Korinther 12,7), bedeutet das Wort, das er benutzt „die Decke wegnehmen, verborgene Dinge eröffnen“. Gott nahm den Deckel von den großen Geheimnissen des Glaubens ab – und er zeigte Paulus die Wunder seines Rettungswerkes.
Schließlich spricht Paulus von einer höchsten Vision, die er etwa vierzehn Jahre zuvor empfangen hatte, unmittelbar nachdem er gerettet worden war. Er beschreibt, wie er „in das Paradies entrückt wurde und unaussprechliche Worte hörte, die auszusprechen einem Menschen nicht zusteht“ (2. Korinther 12,2-4). Kurz: Paulus wurde eine unaussprechliche Offenbarung des Himmels gegeben.
Was für eine unfassbare Fülle von Offenbarungen Paulus gegeben wurde! Er erlebte einen unfassbaren Spaziergang durch den Himmel und hörte und sah Dinge, die in dieser Welt niemals bezeugt worden waren. Doch kaum hatte Paulus diese Offenbarungen erhalten, trat er in große Leiden ein.
„Wegen des Außerordentlichen der Offenbarungen ... damit ich mich nicht überhebe, wurde mir ein Dorn für das Fleisch gegeben“ (2. Korinther 12,7).
Es gibt zwei Arten von Leiden unter Gläubigen. Erstens sind da die Bedrängnisse und Versuchungen, die allen Menschen gemeinsam sind. Jesus sagt, der Regen fällt sowohl auf die Gerechten als auch auf die Ungerechten (siehe Matthäus 5,45). Er spricht von den vorgegebenen Problemen des Lebens – Ehekonflikte, Sorgen mit Kindern, Schlachten mit Depression und Furcht, finanziellem Druck, Krankheit und Tod –, von Dingen, die Heiligen wie auch Sündern gemeinsam sind.
Doch da sind auch Leiden, die nur den Gerechten plagen. David schreibt: „Viele sind die Bedrängnisse des Gerechten, aber der Herr erlöst ihn aus ihnen allen“ (Psalm 34,20; a. d. englischen King James Version). Beachten Sie, dass David nicht sagt, unsere Erlösung würde plötzlich oder unmittelbar geschehen. In vielen Fällen mag unsere Heilung mit der Zeit kommen, durch Gebet, Vertrauen und Glauben.
Dies ist die Art von Leiden, die Paulus durchstand. Die großen Offenbarungen, die er empfangen hatte, brachten ihn schnell auf einen Weg tiefer Bedrängnis, die sein ganzes Leben anhalten würde. Denken Sie darüber nach: Zu der Zeit, als Paulus diesen Brief an die Korinther schrieb, war er vierzehn Jahre lang Christ gewesen – und er war noch immer nicht von dem Dorn im Fleisch erlöst worden, den er beschreibt. Er wusste, dass er wahrscheinlich bis zu dem Tag, an dem er sterben würde, mit seiner Bedrängnis würde leben müssen.
Wir wissen nicht exakt, was Paulus‘ Dorn war. Bibelgelehrte spekulieren, dass es ein Augenleiden gewesen sein könnte, oder eine Sprachstörung, vielleicht ein Stottern. Ein Kommentar zieht sich damit in die Länge, zu beweisen, dass Paulus’ Dorn ein Charaktermangel war – speziell ein aufbrausendes Temperament. Andere Spekulationen reichen von fleischlichen Begierden, über schikanöse dämonische Gedanken, bis hin zu einer ausfallenden Ehefrau. Aber alle diese Mutmaßungen bleiben bloße Spekulation.
Auf jeden Fall gab Paulus zu, dass in seinem Leben eine große Schlacht vor sich ging. Er sagte: „Nachdem ich aus dieser großen Offenbarung über das Paradies hervorkam, tauchte ein Dorn in meinem Fleisch auf. Ein Bote Satans schlug mich.“ Das Wort „mich schlagen“ bedeutet hier „mein Gesicht ohrfeigen“. Paulus erklärt: „Gott erlaubte dem Teufel, mein Gesicht zu schlagen.“
Also, wer war dieser Bote Satans, der Paulus schlug, sein Gesicht ohrfeigte? Ich glaube nicht, dass es eine physische Bedrängnis war, eine solche wie versagende Sehkraft oder eine undeutliche Aussprache. Und ich glaube auch nicht, wie ich es einmal tat, dass Paulus‘ Geschlagenwerden ein dämonisches Sperrfeuer aus Lügen und Vorwürfen war, um ihn zu entmutigen.
Nein, ich glaube, wir erhalten einen Hinweis in Paulus‘ Ausdruck: „Damit ich mich nicht überhebe“ (2. Korinther 12,7). Ich glaube, dass Paulus hier von Selbsterhöhung spricht – einem persönlichen Stolz. Sehen Sie: Paulus war ein Pharisäer gewesen – und alle Pharisäer waren stolz. Eine überlegene Haltung war in ihnen verwurzelt: „Ich bin froh, dass ich nicht so bin wie die Masse gewöhnlicher Sünder.“ Mehr noch: Paulus hatte nach dem Fleisch Gründe, stolz zu sein. Er war höchst intelligent und war genauso durch den Heiligen Geist überreich begabt.
Ich glaube, der Teufel wusste, dass dieser Stolz Paulus’ primäre Schwäche war – und er griff dort an. Er schmeichelte Paulus, streichelte sein Ego, traf ihn mit einem stolzen Gedanken nach dem anderen: „Du bist der Einzige, der diese Offenbarung empfangen hat.“ Welch größerer Dorn konnte da sein als die tägliche Fütterung unserer verwundbarsten Stelle durch Satan? Paulus musste ständig zum Kreuz gehen und seine Begabung niederlegen, um seinen Stolz abzutöten.
Satan wusste auch, dass Davids Neigung Lust war. Er fütterte die Schwäche dieses gottgefälligen Mannes, indem er eine Frau direkt vor seinen Augen baden ließ. Genauso ohrfeigt der Teufel auch unser Gesicht ständig mit Gelegenheiten und Versuchungen, die unseren Stolz, unsere Lust, unseren Ehrgeiz, unsere Furcht füttern – was immer unsere primäre Schwäche sein mag.
Doch der Teufel konnte Paulus nicht schlagen, ohne zuerst Gottes Erlaubnis zu bekommen. Wir wissen zum Beispiel, dass Gott Satan erlaubte, Hiob zu testen. Und nun hatte Gott eine Absicht damit, Paulus’ Dorn zu erlauben. Er wusste, dass die größte Bedrohung für Paulus‘ Zeugnis nicht Sinnlichkeit, Habgier, oder das Preisen durch Menschen war; nein, Paulus achtete nicht auf die Dinge des Fleisches. Vielmehr war seine Schwäche Stolz, der durch das Empfangen großer Offenbarungen kam.
Paulus schreibt: „Um dessentwillen habe ich dreimal den Herrn angerufen, dass er von mir ablassen möge“ (2. Korinther 12,8). Er sagt dabei im Wesentlichen: „Ich habe den Herrn eifrig gesucht, mit all meinem Herzen – und er hat sich mir und in mir offenbart. Er hat mir sogar seine Herrlichkeit im Himmel gezeigt. Doch, in genau diesem Moment, begann ich, eine stechende Erinnerung an meine menschliche Zerbrechlichkeit zu spüren.
Ich flehte den Herrn an: ‚Nimm dieses Ding weg. Genug mit dieser Schwäche, dieser dämonischen Schikanierung. Wie lange muss ich noch durch diese Angriffe gedemütigt werden? Wie lange muss ich dieses Leiden erdulden? Bitte, Herr, erlöse mich.’“
Gott hielt sich nicht damit auf, Paulus irgendetwas zu erklären. Und er gewährte ihm auch nicht seine Bitte um ein Ende seiner Leiden. Auch den Dorn beseitigte er nicht, und den Boten Satans vertrieb er nicht. Doch Gott gab Paulus etwas viel Besseres. Er offenbarte Paulus, wie er es durch alles mit Sieg schaffen konnte: „Er hat zu mir gesagt: Meine Gnade genügt dir, denn <meine> Kraft kommt in Schwachheit zur Vollendung“ (2. Korinther 12,9).
Gott sagte dabei im Wesentlichen: „Paulus, ich werde darangehen, dir Gnade für die Prüfungen jedes einzelnen Tages zu geben. Und das wird dir genügen, in allem, dem du dich gegenübersehen wirst. Du brauchst nicht alles zu verstehen, durch das du gehst. Also kannst du genauso gut aufhören, zu fragen, warum. Du hast meine Gnade bekommen – und das ist alles, was du brauchst.“
Wir erhalten Briefe von Leuten, die ein Leben mit unfassbaren Leiden führen. Junge Menschen schreiben davon, in einem Haus aufgezogen zu werden, das von Hexerei erfüllt ist – geschlagen, missbraucht, vernachlässigt zu werden. Ein Sechszehnjähriger schrieb, dass seine Eltern ihn in Drogen einführten. Diese Menschen schreien heraus: „Ich liebe Gott – ich habe gebetet und ihn gesucht. Ich habe mein ganzes Vertrauen auf ihn gesetzt. Aber jeden Tag sehe ich mich mächtigen Feinden gegenüber – und sehe kein Anzeichen auf Erlösung.“
Ich möchte niemanden entmutigen. Aber, wie die des Paulus, mag Ihre Bedrängnis von der Art sein, die Gottes Treuesten plagt. Wenn dem so ist, dann müssen Sie möglicherweise jeden Tag hindurchgehen, indem Sie sich gänzlich auf seine Gnade stützen. Ihre Erlösung wird keine plötzliche Einmal-Erfahrung sein – sondern ein Wandeln von Tag zu Tag.
Ich sage Ihnen noch einmal: Es ist keine Sünde, Gott zu fragen, warum – warum all Ihr Leiden, warum all der niemals endende Schmerz? Doch ich sage auch, dass Sie genauso gut aufhören können, zu fragen – weil Gott diese Art von Frage nicht beantwortet. Er schuldet uns keine Erklärung für unsere Leiden.
David fragte aufrichtig: „Was bist du so gebeugt, meine Seele? ... Warum hast du mich vergessen? Warum muss ich trauernd einhergehen, bedrückt durch den Feind? ... Was bist du ... meine Seele ... unruhig in mir?“ (Psalm 42,6.10.12; mit Fußnoten). Wir wissen, dass Gott David liebte. Doch die Schrift weist keinen Bericht auf, dass Gott Davids Fragen beantwortete.
Jesus fragte: „Warum kann dieser Kelch nicht an mir vorüber gehen? Vater, warum hast du mich verlassen?“ (siehe Matthäus 26,39; 27,46). Aber nirgendwo in der Bibel lesen wir von einer Antwort Gottes auf die Fragen seines geliebten Sohnes.
Ich persönlich habe dieselben Fragen mein ganzes Leben hindurch gestellt. Im Alter von 28 Jahren brachte ich meine Familie nach New York, damit ich mit den Gangs und Drogensüchtigen arbeiten konnte. Dann, eines Tages, nur wenige Jahre nachdem wir umgezogen waren, krümmte sich meine Frau Gwen vor Schmerzen. Wir brachten sie schnell ins Krankenhaus, und sie unterzog sich einer Notoperation. Dann hörten wir das furchtbare Wort: Krebs. Sie hatte einen Tumor von der Größe einer Orange in ihrem Darm.
Ich erinnere mich an meine Fragen an Gott damals: „Warum, Herr? Wir haben alles verlassen, um deiner Führung hierher zu folgen. Wir haben unser Leben gegeben, um auf diesen Straßen zu dienen. Also, warum gehen wir jetzt durch dies? Bist du sauer auf mich wegen irgendetwas? Was habe ich getan?“
Ich stellte dieselben Fragen fünf weitere Male – jedes Mal, wenn Gwen mit einem weiteren Krebsgeschwür geschlagen wurde. Ich stellte sie auch während jeder ihrer achtundzwanzig Operationen.
Ich fragte Gott erneut nach dem Warum in Houston, Texas, als unsere Tochter Debbie gekrümmt in einer fetalen Position lag, in Todesqualen wegen Krebs. Sie hatte einen Tumor im gleichen Bereich wie ihre Mutter. Ich schrie heraus: „Herr, Gwen war genug – das jetzt ist zu viel. Warum?“
Ich fragte noch einmal warum, als unsere andere Tochter, Bonnie, in einem Krankenhaus in El Paso, Texas, lag und sich einer Bestrahlungsbehandlung unterzog. Sie war umgeben von Ärzten, die Bleikittel trugen und ihren Körper drei Tage lang mit tödlicher Strahlung bombardierten. Die Ärzte gaben ihr eine Überlebenschance von 30 Prozent. Ich schrie: „Gott, du musst zornig auf mich sein. Da gibt es keine andere Erklärung. Wie viel erwartest du von mir, zu tragen?“
Schließlich fuhr ich allein auf einer einsame Straße hinaus – und schrie zwei Stunden lang zu Gott: „Nimmt das kein Ende? Ich gebe dir alles von mir, jeden Tag. Doch je mehr ich dich suche, desto mehr Leid erlebe ich.“
Ich weiß auch, wie es ist, von einem Boten Satans geschlagen zu werden. Ich wurde schmerzlich versucht und gelockt. Ich hatte Feinde gehabt, die sich auf allen Seiten gegen mich erhoben. Ich wurde durch Gerüchte verleumdet, falsch beschuldigt, von Freunden abgelehnt. In jenen dunklen Zeiten fiel ich auf meine Knie und schrie: „Warum, Herr? Alles, was ich will, bist du. Warum erlaubst du Satan, mich zu schikanieren? Wie lange muss ich mit dieser Schwachheit ringen?“ Doch, genauso wie Gott Paulus nichts erklärte, hat er auch mir nicht einmal meine Fragen beantwortet.
Ich glaube, dass, wenn wir einmal im Himmel sind, der Herr uns alles erklären wird. Wir werden eine Ewigkeit haben, um unsere Fragen beantwortet zu bekommen. Und, wenn er es uns einmal offenbart, werden wir sehen, dass alles Teil eines vollkommenen Planes war – orchestriert von einem liebenden Vater, der wusste, was es brauchte, um uns auf unserem Angesicht zu halten und in ihm vorwärts zu gehen.
Oft hörten wir Gnade einfach definiert als die unverdiente Gunst und den Segen Gottes. Doch ich glaube, dass Gnade viel mehr ist als dies. Meiner Meinung nach ist Gnade alles, was Christus in unseren Zeiten des Leidens für uns ist – Kraft, Macht, Freundlichkeit, Barmherzigkeit, Liebe – um uns durch unsere Bedrängnisse hindurch zu bringen.
Wenn ich auf all die Jahre zurückblicke – Jahre der großen Prüfungen, des Leids, der Versuchung und Bedrängnis – kann ich bezeugen, dass Gottes Gnade genug war. Seine Gnade brachte Gwen durch. Und sie brachte auch Debbie und Bonnie durch. Heute sind meine Frau und meine Töchter alle gesund und stark – und dafür danke ich dem Herrn.
Seine Gnade hat auch mich hindurch gebracht. Und das ist für heute genug. Dann, eines Tages in der Herrlichkeit, wird mein Vater mir den wunderschönen Plan offenbaren, den er die ganze Zeit hatte. Er wird mir zeigen, wie ich durch all meine Anfechtungen Geduld erlangte; wie ich Barmherzigkeit für andere Menschen lernte; wie seine Kraft in meiner Schwachheit vollkommen gemacht wurde; wie ich seine äußerste Treue zu mir kennenlernte; wie ich hoffentlich immer mehr wie Jesus wurde.
Wir mögen immer noch fragen, warum – doch es bleibt alles ein Mysterium. Ich bin vorbereitet, das zu akzeptieren, bis Jesus für mich kommt. Ich sehe kein Ende bei meinen Prüfungen und Bedrängnissen. Ich hatte sie nun schon über fünfzig Jahre lang, und habe mitgezählt.
Doch durch das alles hindurch wird mir immer noch ein ständig wachsendes Maß der Stärke Christi gegeben. Tatsächlich kamen die größten Offenbarungen seiner Herrlichkeit während meiner härtesten Zeiten. Genauso wird Jesus während Ihrer tiefsten Momente in Ihnen das größte Maß seiner Stärke freisetzen.
Wir mögen unseren Schmerz, unsere Depression und Unannehmlichkeit niemals verstehen. Wir mögen niemals wissen, warum unsere Gebete um Heilung nicht beantwortet wurden. Aber wir müssen nicht wissen, warum. Unser Gott hat uns schon geantwortet: „Du hast meine Gnade bekommen – und, mein geliebtes Kind, das ist alles, was du brauchst.“
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Bibelstellen – soweit nicht anders angegeben – nach der Elberfelder Bibel 2006. Die angegebenen Versnummern können bei einigen Bibelausgaben abweichen.