Wer kann das geradebiegen?
Viele Christen stoßen in ihrem Leben an einen einschneidenden Wendepunkt, den sie nie kommen sahen. Als er eintraf, begann für sie eine anhaltende Krise, die sie sich in ihren schlimmsten Albträumen nicht hätten vorstellen können. Ihr Leben war zuvor in gesegneten Bahnen verlaufen; es war vielleicht ein anspruchsvoller, zielstrebiger und erfüllender Weg, geprägt von dem Wunsch, das zu tun, wozu sie sich von Gott geschaffen fühlten. Das Leben schien auf direktem Weg in eine verheißungsvolle Zukunft zu führen und alles erdenklich Gute für sie bereitzuhalten. Doch dann nahm ihr Lebenslauf eine unerwartete Wende.
Vor einigen Jahrhunderten beschrieb ein Gemeindeleiter namens Thomas Boston diese Situation in einem Buch mit dem Titel The Crook in the Lot (Die Krümmung im Los). Die „Krümmung“, die er beschreibt, ist eine einschneidende Kehrtwendung weg von unserem direkten „Los“ oder Geschick, weg von dem geraden Verlauf unseres Lebens. Das Buch beschäftigt sich mit einem ernsten Thema und stellt die Frage: „Wer kann die „Krümmung“ auf unserem Lebensweg wieder zurechtbiegen?“
Über diese Frage habe ich ausgiebig nachgedacht, nachdem ich einigen Menschen begegnet bin, die eine einschneidende Wende zu bewältigen hatten. Wer, fragte ich mich, könnte das Schicksal einer Mutter wieder ins Lot bringen, deren Ehemann gestorben ist und die nun allein fünf Kinder großziehen muss? Wer könnte das Schicksal des jungen Mädchens auffangen, das von Geburt an im Rollstuhl sitzt, weil es ein bestimmtes Gen von einem Elternteil geerbt hat?
Manche Krisen lassen sich auffangen, aber was ist mit Menschen, deren Träume durch eine schlimme Wende ihres Lebensweges zerschlagen wurden?
Vielleicht erheben Sie Einwände und sagen: „Gott würde nie den geraden Weg seiner Kinder auf Dauer krümmen. Das muss ein Werk Satans sein.” Nein, Jesus sagt, dass solche Brüche Teil unseres Lebens sind. „Hier auf der Erde werdet ihr viel Schweres erleben“ (Johannes 16,33; NL).
Tatsächlich zeigt die Bibel klar, dass das Wichtigste in unserem Leben nicht das ist, was unseren geraden Weg „krümmt“, auch nicht unser finanzieller Wohlstand, unser Ehepartner, unsere Kinder oder unsere Gesundheit. Das Größte, das wir je haben werden, ist eine innige, persönliche, liebevolle Beziehung mit Jesus, dem wir als Glieder seines Leibes angehören. Nichts hat Vorrang gegenüber dieser Beziehung, denn sie umfasst alles, was uns betrifft. „Gott ... [hat] deinen Odem und alle deine Wege in seiner Hand“ (Daniel 5,23).
Selbst Hiob, der schmerzliche Verluste ertragen musste, akzeptierte diese Tatsache. „Doch er hat's beschlossen, wer will ihm wehren? Und er macht's, wie er will. Ja, er wird vollenden, was mir bestimmt ist, und hat noch mehr derart im Sinn“ (Hiob 23,13-14).
Die Frage für uns alle, auch für diejenigen, die eine sehr schlimme Wende erlebt haben, lautet: „Wie wirkt sich das auf meine Beziehung zu Jesus aus?“ Für Nachfolger Christi liegt die Antwort in einer anderen Frage: „Wünsche ich mir, was immer mich veranlassen wird, ihn zu lieben, ihn anzubeten, ihm zu dienen und ihn zu ehren, selbst wenn das für mich hart und schmerzhaft ist? Ich weiß, dass ich in seiner Hand bin, was immer mich bei der nächsten Wegkrümmung erwartet. Und ich bin bereit, Gott zu erlauben – ja, es sogar zu begrüßen –, dass er mit meinem Lebensweg tut, was immer sein Wille sein mag.“
Per Definition wirkt sich ein Wendepunkt auf jeden Bereich unseres Lebens aus
Wenn unser Leben vom linearen Kurs abweicht, wird alles davon beeinflusst. Unser ganzes Sein wird in eine völlig andere Richtung gelenkt. Der Schmerz, den wir dabei erfahren, ist allumfassend; er hat Auswirkungen für unser mentales und emotionales Befinden, für unsere Beziehungen und möglicherweise auch für unseren Körper.
Paulus erlebte viele harte „Krümmungen“ auf seinem Weg; eine davon beeinträchtigte ihn so stark, dass er erklärte, dass Satan im Spiel sein musste. „Mir [wurde] ein Dorn ins Fleisch gegeben, ein Bote des Satans, der mich quält“ (2. Korinther 12,7; NL). Wir alle haben solche „Dornen“ erlebt. Man kann ein begabter Unternehmer sein und ein visionäres Geschäftstreffen leiten, doch wenn sich gerade ein Splitter unter den Daumennagel gebohrt hat, wird nichts den klopfenden Schmerz beseitigen, der einen beim Sprechen plagt.
So ähnlich muss es Paulus ergangen sein, und wir fragen uns, warum Gott dies zugelassen hat. Paulus war ein geisterfüllter, überzeu- gender Prediger, der mit mutiger Leitung und beispielhafter Opferbereitschaft die Kraft des Evangeliums Christi in eine Nation nach der anderen brachte. Kurz gesagt, war Paulus wahr- scheinlich die effektivste Stimme für Jesus Christus in der damaligen Welt. Das Christentum war erst wenige Jahre alt und auf eine relativ kleine Zahl von Menschen in einer winzigen Region der Welt begrenzt; warum also sollte Gott zulassen, dass Paulus in seinem Dienst beeinträchtigt wurde?
Paulus stellt klar, dass sein Dorn zwar vom Feind kam, aber einer Absicht Gottes diente. Er benannte diese Absicht sogar: damit er wegen der großen Offenbarungen, die er empfangen hatte, nicht überheblich wurde (siehe Vers 7). Der Dienst des Apostels Paulus war so vollmächtig und geisterfüllt, dass Gott ihn zurückhalten musste. Ohne diese Maßnahme, so deutet Paulus an, hätte er vielleicht einen zerstörerischen Stolz entwickelt.
Wir brauchen nur an die vielen gefallenen Pastoren der vergangenen Jahre zu denken, um zu wissen, dass es Gottes Barmherzigkeit war, die den Dorn bei Paulus zuließ. Als Paulus diese schmerzliche „Krümmung“ in seinem Leben erfuhr, verstand er, dass dieser Schmerz einer göttlichen Absicht diente. Er wusste, dass alles, was ihm je widerfahren würde – und es gab tatsächlich kaum etwas, das ihm nicht widerfuhr – aus der Hand des Vaters kam, an dessen Liebe zu Paulus nie ein Zweifel bestand.
Paulus erklärte dies den Römern mit einem Satz, den sehr viele Christen in aller Welt heute auswendig kennen. „Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen, denen, die nach seinem Ratschluss berufen sind“ (Römer 8,28). Paulus beschrieb dieses „Beste“ in seinem Brief an die Epheser genauer. „In ihm haben wir auch ein Erbteil erlangt, die wir vorherbestimmt sind nach dem Vorsatz dessen, der alles nach dem Rat seines Willens wirkt“ (Epheser 1,11; ELB; Hervorhebung des Autors).
Eine Krümmung mag unseren Lebensweg in eine unangenehme Richtung stoßen, und in einigen Fällen scheint darin keine gute Absicht erkennbar. Doch Paulus versichert uns, dass Gott, wenn er eine Krümmung in unserem Leben zulässt, dadurch etwas Gutes wirkt, das in Ewigkeit Bestand haben wird, und so ein herrliches Erbe für uns schafft.
Jesus, der die schlimmste „Krümmung“ der Geschichte ertrug, zeigt uns, wie wir auf solche Erfahrungen reagieren sollten
Natürlich ist Jesus unser Vorbild dafür, wie wir auf die Krümmungen unseres Lebens reagieren sollten. Er betete im Garten Gethsemane: „Mein Vater ... nicht, wie ich will, sondern wie du willst!“ (Matthäus 26,39).
Dieser Satz – „nicht, wie ich will, sondern wie du willst“ – wird von Christen oft zitiert, wenn es ihnen darum geht, den Willen Gottes zu erfahren. Manche beten ihn beiläufig, als wollten sie sagen: „Herr, ob so oder so, ist mir egal.“
Als Jesus dies betete, ging es nicht um eine beiläufige Angelegenheit. Er stand vor der Kreuzigung, vor dem schrecklichsten Tod, den man sich vorstellen kann. Doch er betete nicht mit stoischem Gleichmut. Tatsächlich hatte er gerade gebetet, dass ihm das Schlimmste erspart bleiben möge. „Mein Vater, ist's möglich, so gehe dieser Kelch an mir vorüber“ (Matthäus 26,39). Jesus bat um einen geraden Weg statt der äußersten „Krümmung“, die Gott ihm vorgelegt hatte.
Wenn jemand einen freien Weg verdiente, dann war es der Erlöser der Welt, der ein vollkommenes und sündloses Leben geführt hatte. Doch Jesus blickte in den Kelch, sah darin die fürchterlichen Schlacken jeder menschlichen Sünde und nahm unsere untragbare Last auf sich.
In Amerika leben wir in der unausgesprochenen Annahme, dass es schlicht und einfach keinen Kelch, keine Krümmung, keinen Bruch unseres Lebensweges geben sollte, besonders wenn wir Christen sind; doch Jesus trank den Kelch, den der Vater ihm bot, bis zur Neige aus. Die „Krümmung“ in seinem Leben schien grausam zu sein, doch tatsächlich war die Güte des Vaters am Werk, zu unserer Erlösung für die Ewigkeit und zur Fülle des Lebens für uns hier auf der Erde.
In den Augen der Welt muss der Tod Christi wie eine Verschwendung, wie eine Torheit ausgesehen haben Paulus stellte fest, dass die „Torheit“ der Kreuzigung in Wirklichkeit Ausdruck der Weisheit Gottes war. „Denn weil die Welt durch ihre Weisheit Gott in seiner Weisheit nicht erkannte, gefiel es Gott wohl, durch die Torheit der Predigt selig zu machen, die da glauben ... wir aber predigen Christus, den Gekreuzigten, den Juden ein Ärgernis und den Heiden eine Torheit“ (1 Korinther 1,21-24; Hervorhebung des Autors).
Unser himmlischer Vater hat jede Krümmung unseres Weges unter Kontrolle, genauso wie bei seinem Sohn Jesus Christus. Wenn er also den Beginn unserer Krümmung kontrolliert, hat er auch die Kontrolle über ihren Zweck und Ausgang. Das Ereignis kann unwiderruflich sein — ein Todesfall, eine Wunde, eine Behinderung – und scheinbar allen unseren Träumen ein Ende bereiten. Doch die Krümmung selbst ist nicht das Ziel in Gottes Plan für uns.
Das einschneidende Ereignis in Ihrem Leben mag unabänderlich sein, doch Ihr Herz ist nie unveränderlich. Vielleicht sagen Sie sich: „Dieser Sturm wird nie enden; er hat mein Leben für immer ruiniert.“ Doch Gott hat Ihnen etwas gegeben, das Sie durch Ihren Sturm durchbringen und zu seiner Ehrfurcht erweckenden Herrlichkeit führen wird.
Wenn wir eine einschneidende Krise erleben, fordert Jesus uns auf, sie gegen ihn einzutauschen. „Dies habe ich mit euch geredet, damit ihr in mir Frieden habt. In der Welt habt ihr Angst; aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden“ (Johannes 16,33). Unsere Krise soll nicht unser Denken bestimmen. Sie mag sich auf jeden Aspekt unseres Lebens und jede Stunde des Tages auswirken, aber sie ist nicht Sinn und Ende unseres Lebens. Unser Anfang und unser Ende sind in ihm.
Ich bitte Sie nachdrücklich, mit mir zu beten: „Herr, du bist gut in allen Dingen. In allem, was geschieht, hast du Gutes für mich im Sinn. Deshalb geschehe nicht mein Wille, sondern dein Wille in dieser Krise und durch diese Krise. Sie hat den Verlauf meines Lebensweges verändert, aber sie ändert nichts an der wahren Bestimmung meines Lebens, die in deinen Händen liegt. Herr, was immer du heute für mich bereithältst, ist meine Freude, weil du selbst meine Freude bist.“ Amen.
A SPIRIT SET FREE BEHIND BARS
The Great Physician came to heal the sick, and he continues to do his powerful work in the United States’ prisons.
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